Afghanistan


Es war eines der schönsten Länder der Welt

Afghanistan
Seite       von 19

15

13

Von Kabul aus in Richtung Westen

Kandahar Airport, die Sandwüste und das Arghandabtal


Von Kabul nach Ghazni sind es 150 km. Weiter nach Kandahar sind es 564 km. Die Straße wurde in den 60er Jahren von den Amerikanern gebaut - die Russen waren ja nur an Nord-Süd-Verbindungen interessiert, um das
Land mal erobern zukönnen, was ja gründlich schief ging.

Beim Straßenbau in Afghanistan ging so manches schief. Brannte doch damals, als alle Straßenbauten abgerechnet werden sollten, zufälliger Weise ausgerechnet das Arbeitsministerium ab! Sind die nicht sympathisch, die Jungs?
Ariana Afghan Airline am Airport Kandahar zum Auftanken
Ariana Afghan Airline am Airport Kandahar zum Auftanken
Wie friedlich und absolut ungefährlich war es mal in Kandahar am Rande der Wüste. Der Bus fährt Richtung Flughafen. Rechts hinten ist der „Elefantenberg" zu sehen, das heimliche Wahrzeichen der Stadt. Der Dunst kommt von den vielen offenen Feuern auf denen das Abendessen zubereitet wird.
30 km hinter Kabul, vor der Kulisse des Hindukusches, liegt das erste Serail rechts neben der Straße nach Kandahar - oder jedenfalls das, was noch übrig geblieben ist. 30 km sind genau die Tagesleistung einer Karawane. Diese fanden hier Unterkunft, Wasser, Essen und Schutz für Mensch und Tier. 

Das ganze Land war in diesem Abstand von den aus Lehm gebauten Karawanenhotels entlang der Haupthandelsrouten überzogen. Es ist eines der gelungensten Bilder mit dem schneebedeckten Hindukusch im Hintergrund und dem Größenunterschied Mensch und Kuh und den Ausmaßen des Serails aus vergangener Zeit.
Durch diese Tal verlief die Straße
nach Kandahar. Kabul liegt 1791 m
hoch wie die Straße hier. Der
Standort des Fotografen liegt auf
ca. 3000 m mit Blick nach Norden.
An diesem Nordhang hatten sich
die Deutschen vom Technikum
Kabul in einer kleinen Hütte einen
stationären VW-Käfermotor
aufgestellt. An den Sonn- und
Freitagen im Winter zogen sie so
die Skifahrer an Stahlseilen auf den Hang nach oben.
Die mächtigen schattenspendenden
Fluggastbrücken aus Beton hatten
aber auch Nachteile. Die Bring 727-
100C war mal mit dem Flügel
dagegen gefahren und konnte nicht
weiter fliegen.

Man kannte ja einige Piloten. Sie
spielten im Deutschen Club in
Kabul Tennis. Was die so erzählten:
Einmal, so um 1955, ist eine DC 6
mitten in London nachts auf einer
Hauptstraße runtergebracht
worden. Der Pilot hatte die
Beleuchtung der Straße mit der
Landebahnbefeuerung eines
Flughafen verwechselt...
Eine Begegnung am frühen
Morgen. Bauern bringe wohl ihre
Ware auf den Markt nach Kabul.
Sie müssten noch 3 Tage laufen
um die Stadt zu erreichen. Aber
warum sind unverschleierte
Kutschifrauen dabei? Die Zelte
brauchen sie ja zur Übernachtung.
Für Normaden ist die Karawane zu
klein. Auch fehlt das Vieh...

Der Hund sieht aus wie ein Wolf.

Fotografieren war nicht gerade
erwünscht - da flogen schon mal
Steine.
Auf das Flugfeld zu kommen
oder, wie weiter unten, auf den
Tower zu kommen - der war eh
nicht besetzt, man flog auf Sicht
- war kein Problem.

Eine chinesische Delegation
wurde hier vom aufgeregten
Gouverneur von Kandahar
empfangen.

Ghazni, Höhe 2183 Meter

Noch so ein Spritfresser: eine
Yak 40 der kleinen Bakthar
Afghan Airline. Diese russische
Maschine war wegen der
schlechten Flugleistungen trotz
hohem Verbrauch im Westen
nicht zu verkaufen. Verdammt
laut war das Ding sogar innen...
Wir nannten den Dukan
"Woolworth" Er hatte alles, was
Afghanenherzen auf Reisen höher
schlagen ließ - sogar rote Tücher
als Mitbringsel für die Familie
daheim. Klingesdraht, Nüsse,
Zwiebeln, Knoblauch, Munition,
Lederriemen, Süßes....

So ein Dukan ist der Traum eines
jeden Afghanen. In der Mitte
drinsitzen, auf Kundschaft warten
und kräftig handeln und feilschen.
Und er wusste alles über den
Zustand der Straße von den
Reisenden! Was brauchte er
Telefon...

Nebenstellenanlage im Kandahar Airport

Auf dem Flug nach Europa konnten die Flieger in Kabul nicht vollgetankt abheben. Der Flughafen Kabul liegt zu hoch. So war eine Zwischenlandung im 600 km weiter westlich liegenden Kandahar zwingend nötig, obwohl das Keosin mühsam mit Tankwagen hier her gefahren werden musste. 
Azzis, der Cheftechniker (links) und
der Bürgermeister von Ghazni.
Oder war es gar der Gouverneur?
Die Einladung zum Essen von ihm
waren gefürchtet und man durfte
sie ja nicht ablehnen. Es dauerte
Stunden, bis der gerade
eingefangene Gockel auf den
Boden (man saß im Schneidersitz
auf der Erde) kam. Der war meist
so zäh, dass schwere Muskelkater
im Kiefer noch lange anhielten.

Derweil aßen die Afghanen einen
riesigen Teller mit frischen
Knoblauchzehen mit Salz als
Vorspeise auf.
In etwa die gleiche Ansicht mit Blick
nach Norden. Links in den
Ausläufern des Hindukusch liegt
irgendwo im Dunst Paghman.

Mitten im Dezember 1970 bei
Sonnenuntergang liegt der Rauch
von unzähligen Holzfeuern über
der Hochebne, 30 km westlich der
Stadt.

Kabul hatte damals kaum 400.000
Einwohner. Heute sind es mehr als
3,5 Mio. und die Luftverschmutzung hat ungeheuere Ausmaße angenommen. Es gibt keinen Wind der den Dreck verteilt, ähnlich schlimm wie in Ankara und in Tehran.
Viele Kilometer weiter in Richtung
Ghazni hat sich die Landschaft
immer noch nicht verändert. Die
Straße führt an den Ausläufern des
Hindukuschs entlang.

Hier ist eine der vielen Mautstellen
die es damals auf allen Straßen
des Landes gab.
Das Wahrzeichen von Ghazni ist
die Burg. Die Aufnahmen sind von
1971. Damals nutzte das Militär die
Festung.

Heute hat Ghazni knapp 50.000
Einwohner, mehr als die Hälfte sind
Tadschiken. Um so mehr
verwundert, dass gerade hier die
Taliban so ungestört ihr Unwesen
treiben und mit den Geiseln (1
Deutscher, 23 Südkoreaner) in den
umliegenden Bergen
Zentralafghanistans verschwinden
können. Vor 1000 Jahren lebten
hier viele große persische Dichter
und Wissenschaftler. Die Gräber
kann man hier finden. 
Ein Dorf am Rande der Straße zum
Flughafen zur pakistanischen
Grenze und weiter nach Quetta.

Die Kugelbauten aus Lehm haben
meterdicke Wände aber ganz kleine
Fensteröffnungen unverglast. In
diese Öffnungen wurde spitzer
Kameldorn aufgeschichtet. Ein
Schluck Wasser in den Mund
genommen und in den Kameldorn
reingesprüht, senkt die
Raumtemperatur um 20°C!

Das Wasser läuft an den
nadelfeinen Dornen als kleinste
Tröpfchen herunter - und verdunstet
in der Zugluft! Die effektivste
Klimaanlage, die man sich denken
kann. Der Sand vor den Häusern
hatte sage und schreibe 70°C!
Und im Schatten? Keine Ahnung:
es gab keinen.


Der Flughafen Kandahar muss in
den 60gern zusammen mit den
Straßen gebaut worden sein. Ein
hübscher kleiner Flughafen aus
edlen Materialen mit runden
Dächern, entworfen von einem
afghanischen Architekten.

Ursprünglich sollte hier eine Art
Luftkreuz für Maschinen von
Europa nach Fernost entstehen -
so hoffte man. Aber die Reichweite
der Flieger wurde immer größer
und sie flogen einfach vorbei.

Es gab kaum Flugbewegungen. Ein
paarmal in der Woche landete die
einzige Düsenmaschine der Ariana
Afghan Airline, eine Boeing 727,
auf dem Weg nach Europa. Sie
,kam zum Auftanken herein.

Startete dieser Spritfresser nämlich
in Kabul, konnte er nicht vollgetankt
werden. Er wäre sonst nicht über
die hohen Berge, die Kabul
umgeben, gekommen. Auch so
musste er noch im Talkessel der
Stadt einige Schleifen fliegen um
Höhe zu gewinnen.

Der Flughafen in Kabul wurde
deswegen nie von westlichen
Gesellschaften angeflogen. Nur die
PIA (Please Inform Allah oder
Pakistan International Airline) traute
sich das mit kleineren Maschinen.

Im Flughafen war es durch die
dicken Wände und die runden
Dächer mitten in der Wüste auch
ohne Klimaanlage angenehm kühl -
und immer leer.
Dann, viele Stunden eng
aneinander gepresst im VW-Bus
bei der Weiterreise zwischen der
Entscheidung entweder zu
ersticken oder zu erfrieren - dabei
kann Reisen so schön sein...
Alte Serails und Festungen
bestimmen das raue Bergland
Ghaznis und der gleichnamigen
Hauptstadt. Nicht minder rau sind
auch heute noch seine Bewohner.
Zumindest ein verblendeter Teil
davon.
Sei es durch krurse
Religionsauslegung oder
schlichtweg aus krimineller
Energie. Hier wurden Mitte 2007
die Südkoreaner gefangen
genommen und zwei von Ihnen
und ein Deutscher ermordet. Ihr
Verbrechen? Sie wollten den
Afghanen helfen.

Ghazni war bei den Afghanen für
die Produktion von Süßigkeiten
berühmt. Hier wurdensie verkauft.
Vorne rechts in den drei Körben
liegen gezuckerte Maulbeeren,
köstlich zu Tee: zerkauen und den
Tee rüber laufen lassen. Die grell gefärbten Süßigkeiten waren damals eher nicht nach dem
Geschmack von uns Europäern.

Obwohl, man kann es nicht wissen, vielleicht lag es auch nur am Klima. Die Vielfältigkeit der Süßigkeiten ist derart groß, sicherlich wären sie eine Bereicherung im
Süßigkeiten Großhandel, zu mindestens im Internet.

Viele der angebotenen Süßigkeiten beinhalteten neben Zucker unter anderem auch Pistazien und vereinzelt sogar weißen Nougat, der in Afghanistan (und mittlerweile auch in Deutschland) unter dem Namen Halva bekannt ist. Halva ist seit Jahrhunderten bei den Afghanen eine beliebte, wenn auch für die meisten nur zu besonderen Anlässen gereichte Süßigkeit.

Der Tabeldar

Der Beruf des Tabeldars kam dem Traumberuf vieler Afghanen - im eigenen Dukan in der Mitte seiner Waren zu sitzen, Tee zu trinken und zu handeln, feilschen um die Preise - schon sehr nahe. Zum Lagerverwalter mussten ja auch alle kommen wenn sie aus seinem Reich etwas benötigten. Es war schwierig, je etwas aus den Lagern
wieder heraus zu bekommen. Ohne Bakschisch ging es schon gar nicht.

Die Voraussetzungen für diesen Beruf waren schwierig. Man musste am Besten der Onkel-Onkel-Sohn von jemand großem sein, musste mit seinem Vermögen für den Lagerinhalt haften. Da nun in den meisten Fällen kein Vermögen vorhanden war, konnte man auch einen Teil des kläglichen Verdienstes weiter reichen. Klar, dass das durch Bakschisch wieder ausgeglichen werden musste, um überleben zu können.

Desweiteren musste der Anwärter lesen und snchreiben können. Und ein Lineal besitzen. Damit ließen sich die dreiteiligen Formularblöcke auf den Millimeter genau trefflich abreißen.

Wurden nun Ersatzteile im Lager angeliefert, kam man so schnell nicht wieder an sie heran. Zumal für diesen Fall auch keine schwarze Kasse vorgesehen war. Es sei denn, man griff zu kleinen Listen. Brachte man dem vorne Tee und viel Sü.es mit, konnte die Counterparts hinten die benötigten Dinge oft unbemerkt herausholen.

Anders hier am Airport. Der Ersatzmotor war schnell da. Keine 12 Unterschriften und die Jungs hatten ihn schnell und geschickt eingebaut. Schwieriger war es mit den Schaltunterlagen. Unabdingbar, um die verschmorte Verkabelung ersetzen zu können. Nach einem halben Tag bei 45°C kam er mit einigen Ordnern angeschlurft. Das Benötigte war nicht dabei.

Ziemlich kleinlaut murmelte er auf Farzi: "Das Papier hat noch nie einer gebraucht", und beim nachbohren: " Weißt du, Sahib, vor Jahren war es morgens so kalt im Winter und der Strom war auch ausgefallen. Wir hatten doch nichts zum Tee kochen...".

Al ham dulillah!

Nach einer Woche lief das Ding wieder mit Ach und Krach. Die Belgier hatte eh seltsame Pläne. Gab es bei vergleichbaren deutschen Telefonanlagen extra Pläne für Verdrahtung und Schaltung, hatten die alles in Originalgröße in riesigen Bögen zusammengezeichnet. Jedes Bauteil saß da 1:1 an seinem Platz, jeder Draht einzeln eingezeichnet, unmöglich den Zusammenhang der Schaltung zu erkennen. Da waren ja Omas Schnittmusterbögen für 7 Kleider in 12 Größen eine richtige Erholung.
Wohl in keinem Haus fehlten diese Produkte, billig hergestellte Massenware aus Pakistan. Hier in einem Dukan auf dem Bazar von Ghazni. Früher wurde der Reis in reicheren Familien auf schön verzierten und verzinnten Kupferplatten auf den Boden in die Mitte des Raumes gestellt. Heute mussen die großen Schalen aus Alu den kunstvoll zu einem Kegel aufgeschichteten Reis aufnehmen.

Von Ghazni nach Kandahar

Feierabend. Auf der Fahrt vom
Flughafen zurück ins verlauste
Manzelbach-"Hotel" in
Kandahar, einem ehemaligen
Straßenbaucamp der
Amerikaner.
Damals, in den Zeiten der Technischen Entwicklungshilfe, ließ auch Belgien sich nicht lumpen und so kam der Airport zu diesem Dragonergeschenk, einer nicht verkleideten, relaisgesteuerten Nebenstellenanlage mittelalterlicher Technik - denkbar ungeeignet für einen störungsfreien Betrieb am Rand der Wüste.

Elektromotoren hinter den monströsen Gestellreihen trieben Stangen an, die über Kegelzahnräder die Drehung in die Gestelle mit den Schaltarmen brachten. Im Bild ganz rechts sind die Eisenstangen zu erkennen. Dort klinkten Elektromagnete mit der Kraft von 2 kg blecherne Zahnradplatten aus und in die Zahnräder der Stangen ein und die 6 Schaltarme fuhren gemächlich zu den gewünschten Positionen und schalteten die Verbindung durch...

Nun sind und waren in solchen Ländern Worte wie Wartung und Pflege vollkommen unbekannt. Wahrscheinlich durch Kontaktfehler schaltete einer der Elektromotoren nicht mehr ab und lief weiter, wenn auch gar kein Verkehr auf dem Monstrum war - nächtelang, wochenlang, monatelang. Nach dem dritten Sandsturm wollte der Motor nicht mehr. Er brannte ab.

Das Feuer zerstörte Teile der Verdrahtung. Das Ding stand, ein Unding also. Zwar gab es keinen Passagierverkehr, aber welcher Afghane hatte damals schon mal telefoniert und so war der Stillstand von politischer, zumindest von lokalpolitischer Bedeutung. Pech, wenn man da in der Nähe ist...
Reist man von Kabul nach
Kandahar bemerkt man den Pass
bei Ghazni gar nicht. Was sind in
Afghanistan schon 400 m
Höhenunterschied.

Da die Hochebene von Kandahar
auf 1010 m liegt, ist der Pass auf
der Rückfahrt nach Kabul schon zu merken, wenn die ca. 1200 m
Unterschied nicht beeindrucken.

O.k., das Bild sieht nichts aus und
doch war es hier oben im Winter auf dem Pass bei Ghazni etwas ganz besonderes und einmaliges:
Es herrschten 50°C - aber MINUS!
Wir maßen die Temperatur verblüfft
zweimal und mit zwei
Thermometern. Es blieb dabei:
minus 50°C! Zum Glück hatten ja
die VW-Motoren Luftkühlung.

Verwunderlich ist noch etwas
anderes: Man braucht, ist man nur
kurze Zeit draußen, nicht einmal
Handschuhe. Die Luftfeuchtigkeit ist so gering und es weht keinerlei
Wind, der der Haut wehtun könnte.
Jahre lang sah man hier immer nur
blauen Himmel. Wären da nicht die
Wolken, wäre die Canon F1 nie
hervor geholt worden.

Irgend wie war Stimmung an den
Mautstellen wie hier eine ganz
besondere. Reisende in
aufgelockerter Stimmung, Hitze
flimmert über der schattenlosen
Landschaft, Aufbruch und fast
schon Ausgelassenheit - das alles
blieb in Erinnerung. So, als wenn
man es noch mal erleben möchte,
wie Fernweh...

Nachts in der Wüste

Hier im Südwesten von Kandahar beginnt die Sandwüste. Die Dascht-e-Luz, die Wüste des Lichtes, erstreckt sich Richtung Westen bis nach Iran. Eines Tages beschlossen wir, eine Nacht in der Wüste zu erleben. Drei Mann und der afghanische Fahrer im VWBus. 30 km südlich von Flughafen Kandahar reichen die Sanddünen bis an die Straße, die nach Quetta führt.

Wir ließen nach einigen Metern den Wagen am Rande einer großen Düne halten - und der Fahrer weigerte sich, auszusteigen. Warum denn nicht? Na, hier gebe es doch Geister und unheimliche Ungeheuer.

Er schloss sich im Bus ein und wir schleppten die Eisbox mit Bier (die Gefahr des Verdurstens soll ja in der Wüste sehr hoch sein), Schlafsäcke, Gewehre und Whiskey an den langen Strand. Sind ja Luftline nur 700 km (Google Earth sei dank) bis zum Meer, der Arabischen See.

Hier auf dem 30. Breitengrad bricht die Dunkelheit schnell herein. Da hupte es wild. Wir rannten die Sanddüne herunter und fanden den zitternden Fahrer im verschlossenen Bus. Er wies entsetzt auf ziemlich große Tiere in 5 m Entfernung: Stachelschweine.
Sind die Spuren von Schakalen?
Natürlich kannte keiner von uns
das Wort in Farzi. Allein das Wort
-schwein vergrößerte seine
Abscheu ins unermessliche.

Nie vorher und nie mehr danach
sahen wir in unserem Leben
einen solchen Sternenhimmel,
oder, besser, ein solches
Himmelsgewölbe.

Da es keine Umweltverschmutzung durch Licht gab und keinerlei
Luftfeuchtigkeit, waren die Sterne
in der mondlosen Nacht direkt
von Horizont zu Horizont zu sehen. Diese so nie gesehene Pracht der Sterne ließ uns sprachlos werden.

Genau wie am nächsten Morgen.
Auf dem Schlafsack saß der
größte je gesehene Skorpion mit
hoch erhobenem Schwanz und
drohendem Stachel. Um alle
Schlafsäcke herum waren
Tierspuren zu sehen, viele
gewundene von Schlangen.

Schlangen gab es viele im Land
und alle waren tödlich. Der
Arbeitgeber versorgte uns
halbjährlich mit Serum. Es lag
manchmal im Wagen, ungekühlt...

Die Wüste lebt wirklich - wer hätte
das gedacht.

Und hart ist sie. Der Sand ist so
fein und gibt nicht nach, drückte
verdammt durch den dicken
Schlafsack.

Und kalt ist sie. Die aufgehende
Sonne traf uns wie mit einer
heißen Keule.

Auch der Fahrer hat die Nacht gut
überlebt, war allerdings sichtbar
gealtert...
An der Farbe und an der Form der
Turbane und nicht zuletzt an der
Würde der beiden Männer sind die
Mullahs - damals friedliche und
sympathische Gelehrte - zu
erkennen.







Eines der wenigen kleinen Dörfer
am Rande der endlosen Straße.
Ungefähr auf der Hälfte des Weges
zwischen Ghazni und Kandahar war eine der vielen Mautstellen. Da hier jeder halten musste, gab es
natürlich Chai honas, Teehäuser.

Die damaligen VW-Busse kamen ja
nicht über 100km/h hinaus und
jeder war froh, eine Pause einlegen
zu können, das Röhren des Motors
eine Weile nicht hören zu müssen.

Dafür dröhnten kleinste, aber älteste Musikanlagen bis zum Anschlag aufgedrehte und total verzerrt die neusten Schlager aller
Nachbarländer in uns so fremden
Tonfolgen-nervenaufreibend. Aber
wenn die Musik nicht da war, fehlte
etwas...

Oft kamen wir hier vorbei - aber
nicht an seiner Kebabbude. Und
wenn man hier im Land lebt, kann
man hier auch ohne all zu große
Lebensgefahr essen.

Es schmeckte verteufelt gut und
gekochter Dreck ist ja sauber, ob es
nun 50° plus oder minus sind!
Man kannte uns. "Bedune goschte
zafed?" Ja, ohne weißes Fleisch!
Das ist das Fett und vom Hammel
und nicht gerade jedermanns
Sache. Das Schafsfleisch der
Spieße war 3 Tage in lang
Ziegenjourgurt eingelegt und
zerging auf der Zunge.

Afghanen verstanden es nicht, dass
wir auf das beste, auf das Fett
verzichteten. Wenn er sich schon
mal Fleisch leisten konnte, wollte er
auch das mit dem größten
Energiegehalt.

Mit dünnem Kebab nan
(Fladenbrot)wurden die Stücke von
den selten abgewaschenen Spieß
abgezogen. Dazu gab es kochend
heißen Tee aus kleinen Gläsern und
als Nachtisch eine kleine
Emaillieschüssel mit Ziegenjoghurt.
Diese Lorries halten was aus
Der König der Landstraße
Ein Dorf am Rande der Wüste
Nimmt der schon Benzin?

Das Argandabtal nördlich von Kandahar

Keiner von uns konnte den Stahlmast anfassen. So heiß war der!
Man kann monatelang in Kandahar leben und arbeiten, ohne dass einem der Fluss Arghandab überhaupt auffällt. Dabei hat er seit mehr als 2000 Jahren das Leben hier in der Steinwüste am Rande der Sandwüste erst ermöglicht.

Die größte Wassermenge des schmutzigbraunen Wasser sfließt ab dem Staudamm fast ausschließlich in Kanälen. Der Fluss entspringt nordwestlich von Ghazni in der Provinz Hazarajat und fließt 20 km südlich von Girischk bei Qala Bost in den Helmend - wenn er dann noch Wasser führt. Er ist ungefähr 400 km lang.

40 km nordöstlich von Kandahar wird der Fluss aufgestaut. Turbinen erzeugen Strom. Die Staumauer hält das Schmelzwasser des Hindukuschs im Frühjahr zurück. Das untere Bild zeigt einen Überlauf des Stausees im Winter. Der See ist nach dem langen und heißen Sommer fast leer.Parallel zum Arghandab fließt der Tarmak River. Er ist mit 350 km kürzer und führt weniger Wasser. Der Fluß versorgt Ghazni, Zabul und auch Kandahar mit dem kostbaren Nass. Hätten Afghanen nicht auf den Fluss hingewiesen, wäre er als solcher nicht erkannt worden. Auf Landkarten ist er meist nicht eingezeichnet. Gute Landkarten gab es eh nicht, aber auch auf Google Earth ist er nicht zu finden.
Wieder eine der Mautstellen mit
Chai honas, Kebabbuden,
Teehäusern und
Erfahrungsaustausch.

Erstaunlich war, mit wie wenig
Gepäck Afghanen im Land
unterwegs waren. Meistens hatten
sie nur ein Tuch oder eine Decke
und sonst nichts. Ohne Decke ging
es nicht. Sie diente als
Gebetsteppich, zum Wärmen im
Winter, zum Schlafen.
Viel hatte der Batscha ja nicht
anzubieten und es war schwer, ihm
etwas abzukaufen. Diese Jungens
gab es überall. Sie waren nie
aufdringlich und bettelten nicht.

Neugierig aber waren sie wenn
Ob diese Linie jetzt in 2011 noch steht, konnte noch nicht in Erfahrung gebracht werden. Die Leute kommen ja aus Kabul nicht heraus. Langnasen mit Autos ankamen in denen ja so viele Plätze frei waren - welche Verschwendung! Wie reich die sind!
Glück gehabt. Er schaut gerade
weg...

Im Hintergrund ein Kanal mit
dem Wasser des Arghandab aus
dem gleichnamigen Stausee. Es
wird zu den fruchtbaren Feldern
weiter unten in den Ebenen
geführt.
Überlandbus...
Pause
Wenn es doch nur einmal regnen würde
Wo kommt der Naffer her, wo will er hin?
...sofort bereit, um mit dem Ungläubigen "roll-ma-roll" zu machen.
Rast an einem Überlauf des
Arghandabstausees im Dezember.











Auf der anderen Seite des
"Elefantenberges" liegt die
Hauptstraße Kabul-Herat. Da ist es
staubtrocken in der Steinwüste und
man ahnt nicht, dass es dahinter
Wasser und damit Leben gibt.

Wenn es einmal stark im hunderte
Kilometer entfernten Hindukusch
regnen sollte, oder die
Schneeschmelze ganz plötzlich
einsetzt, kann man hier u. U. eine
tödliche Überraschung erleben.
Es ist ein Wadi. Blitzschnell kann
dieses flache Tal dann unter Wasser
stehen und alles mit uriger Gewalt
hinwegspülen.

Wadis können mehrere Kilometer
breit sein. Sie sind schwer zu
erkennen. Es kann viele Jahre
dauern, bis mal wieder Wasser
kommt. Bis dahin sind oft die
Fließspuren durch Sandstürme für
ungeübte Augen verwischt und
nicht mehr zu erkennen.

So paradox es klingt: Es sind schon
viele in der Wüste ertrunken.
Ist das nicht eine schöne Landschaft?

Auf dieser Stecke war der VW-Bus
oder der olle Käfer das richtige
Auto. Die nächste "Tank-e-Tel" war
mindestens 200 km weit weg und
verkaufte Sprit mit 68 Oktan.



Ob hier der Porsche Cayenne, der Tuareg von VW, der große BMW oder der Audi Q8 die richtigen Mühlen wären? Auf solchen Straßen bricht jeder Draht mal ab, fliegt schon mal die Windschutzscheibe raus. Und dann? Ab nach Stuttart, Ingolstadt, Wolfsburg wenn die Elektronik streikt? Alles SVUs. Na, der G vom Stern würde gehen oder ein guter Japaner.
Wie gesagt, die Aufname wurde nur
gemacht weil einmal in 3 Jahren
hier keine 50 bis 60° C auf dem
Boden herrschten.
Solche Begegnungen wird es
heutzutage nicht mehr geben.
Azzis, der Cheftechnicke, der da oben am Überlauf sitzt, freute sich.

Er sagte, wenn die Kutschis
kommen, kommen die Rutschis und mit ihnen der Frühling. Normaden und Schwalben - oder umgekehrt...
Stundenlang ist aus dem Auto quasi nichts zu sehen

Westlich von Kandahar: Ein Dorf in 6 Stockwerken

Eine Tschai-hona, ein Teehaus. Tische sind zum sitzen da!
Auf einem der Wochenendausflüge mit den afghanischen Counterparts - die armen Kerle schliefen immer ja 3 Wochen lang auf dem Fußboden in der Vermittlungsstelle - zeigen sie mir diese sechsstöckige Lehmburg. 3 Stockwerke über und 3 unter der Erde. An der tiefsten Stelle war immer noch Wasser in der Zisterne, kühl und frisch.

Die umliegenden Berghänge waren säuberlich von Sand und Geröll gereinigt und versorgten die mehr als 500 Bewohner mit dem kostbaren Nass bei seltenen Niederschlägen. Jeweils eine Sippe, ein Stamm bewohnten so eine Burg. Ziegen, Kamele, Maultiere, Pferde kamen mit in das leicht zu verteidigende Domizil. In den heißen Sommern war es durch die dicken Lehmmauern angenehm kühl, im Winter nicht kalt.
Steinwüste auf 2000 m Höhe
Soldaten sind überall auf der
Welt arme Schweine, besonders
aber diese Hungerleider hier um
1970 herum in Afghanistan.

Sie haben dicke Mäntel an und
sehen doch aus wie der
sprichwörtliche Strich in der
Landschaft.
Das Wahrzeichen von Kandahar, der Mammutberg
Kann man sich das heute noch vorstellen? Eine Freileitung
über eine Länge von 1100 km durch so ein wildes Land,
von Kabul bis Herat? Auf den 4 Drähten oben der
Telefonverkehr, röhrenverstärkt in einer Z12? Die Deutsche
haben das zeitgleich mit der Straße Mitte der 60er Jahre
geplant und mit vielen Afghanen gebaut. Ein
Entwicklungsprojekt der GAWI (später GTZ, jetzt GIZ).

Landrover, Campingausrüstungen, Schlangenserum und
bei den riesigen Entfernungen ohne Funk die Logistik
hinbekommen - ein Wahnsinnsprojekt. Alle 50 Meter ein
Stahlmast! Aber es lief und das Gute daran: Die Afghanen
kamen anschließend auch selber mit der Technik klar. Was
ja nicht immer in Entwicklungshilfeprojekten funktioniert.

Da jeder Afghane, der hier draußen rum läuft und lief, was
zum Schießen dabei hat und Ziele in der Steinwüste nun
mal rah sind, hatten die Linemen ganz schön zu tun. Die
weißen Isolatoren vor dem ewig blauen Himmel: gibt es ein
besseres Ziel? Man konnte ja mal versuchen ob man auf
200m (4 Maste!) auch noch traf. Und das Ziel zersplitterte
so schön...

Wir konnten den Stahl der Masten nicht mit der Hand
berühren. Die Sonne heizt ihn auf 70°C auf. Die Linemen
liefen barfuß den Mast hoch, hier nur so mal für ein Foto.
Unwahrscheinlich!
Kaum zu glauben, aber die Lorry
kam aus der Wüste. Er war tagelang
unterwegs und musste nun an der
Tank-e-tel Benzin fassen, sagte der
Fahrer auf Paschtu. Natürlich nicht
nur im Tank sondern auch in
mehreren Fässer.

Da immer etwas kaputt ging und die
Kühlung bei über 60°C in der Wüste
bei der Fahrt besser war, gab es
keine Motorhaube mehr. Vielleicht
musste der Fahrer sie auch mal
unter die Räder packen weil er
irgendwo im Sand fest saß.
Meistens wurde nur das Chassis
und der Motor der Lorries aus dem
Ausland eingekauf und die
Aufbauten wurden selber
zusammen gezimmert. Fast immer
waren es zuverlässige Bedfords.
Riesige Federpakete aus
Blattfedern erlaubten gewaltige
Zuladungen.

Mit der Elektrik und der Beleuchtung
haperte es. Ein Scheinwerfer
leuchtete immer den Mond an. Und
deswegen sollte kein Europäer hier
nachts fahren, was sich aber nicht
immer vermeiden ließ. Anfang der Siebziger Jahre begegnete einen manchmal auf 100km nur ein Auto, nachts waren noch weniger unterwegs. Aber wenn!
Weit hinten am Horizont leuchtete
ein Scheinwerfer schräg in den
Nachthimmel. Plötzlich war das
Licht aus. Hatte die Lorry
angehalten? In der endlosen Ebene
vergaß man den Laster, aber nur,
bis er ohne Licht auf der falschen
Straßenseite frontal vor dem
eigenen Auto auftauchte!

Er kam aus Pakistan und fuhr
immer noch links. Wir sind davon
gekommen, er fuhr in den Graben,
ohne weitere Schäden.

Unter Verfluchung der
Geschlechtsteile aller seiner
männlichen Vorfahren zurück bis
Dschinges Khan sollte er verprügelt
werden. Die Faust war schon
erhoben und sollte voll Zorn mitten
in seinem Gesicht landen.

Doch auf die Frage, warum er das
Licht ausgemacht hatte, antwortete
er zitternd auf Farsi: "Allah hat mir
doch den Mond geschickt..."

Er kam davon.


An welches Tier mit zwei Höckern
erinnert nur dieses hübsche
Gebiss?
Wo wollte der Naffer nur zu Fuß in
der unendlichen Weite hin?

Wetter: s. o.

Verblüffend: Hier in der Steinwüste
sind mehr Menschen ertrunken als
verdurstet. Die Gräben sind vom
Wasser gegraben.

An manchen Stelle sind Wadis
schon mal 3 Kilometer breit. Dabei
muss es da gar nicht regnen. Das
Wasser schießt aus von den weit
entfernten Hängen des
Hindukusches heran, ein paar
Meter hoch. Dann reißt es alles mit.

Unerfahrene 68ger auf dem
Haschtrail nach Nepal samt Zelt
und VW-Bus z. B. Die Leichen
wurden kilometerweit entfernt
gefunden. Brauchbare
Gegenstände hatten sie nicht mehr
bei sich. Sie hatten nicht bemerkt,
dass sie mitten im Wadi übernachtet
hatten.

Alle 30 Jahre regnet es sogar mal
im Hindukusche heftig und die
Steinwüste kann kein Wasser
aufnehmen.
Eines der Teehäuser an der Straße,
Tschai chonna oder Chai chona in
der Umschreibung. Tisch und Stuhl
braucht man nicht. Traditionell sitzt
man ja auf dem Boden, oder, wenn
es nicht geht, auf so einem
Tschorpoi, einem "Vierbein". Hier ist
ein Kelim aufgelegt, ein oft sehr
hübscher Webteppiche. Besser ist
natürlich ein dicker, geknüpfter
Gebrauchsteppich, ein Mauri oder
ein Daulautabad in Granatapfelrot.
Aber die sind teuer.

Diese Art von Dörfer mit den runden
Dächern auf den Lehmhäusern sind
typisch für die Gegend um
Kandahar. In nur noch 1000 Meter
Höhe ist es viel heißer als in Kabul.
Die Sandwüste beginnt südwestlich
von Kandahar und reicht bis in
Pakistan und Iran hinein: die große
Salzwüste, brutal und ohne Weg.








Runde Dächer geben der
erbarmungslos scheinenden Sonne
die geringste Angriffsfläche.










Auf diese Berge wartet man auf den
unzähligen Fahrten von Kabul nach
Kandahar. Sieht man die Berge, ist
es nicht mehr weit und der ratternde
Motor der VW-Busse ist endlich
nach Stunden nicht mehr zu hören.
Der rechte Berg mitten in der
Steinwüste ist das
Erkennungszeichen, ja das
Wahrzeichen von Kandahar. Er hat
die Form eines Mammuts.








Das Wahrzeichen von Kandahar
aus der Nähe: Der Berg, der
aussieht wie ein Mammut.

Hier haben die Amerikaner ab 1960
die Wege gebaut und Aufforstungen
versucht. Das Bild ist von 1972. Da
ging es den Paschtunen hier noch
richtig gut.

Währe schon interessant mal zu
sehen, ob die Taliban in idiotischer
Religionsauslegung den Berg nicht
gesprengt haben. Könnte ja Allah vielleicht nicht gefallen...
Mitte Januar und der Frühling ist
zu Ende. Das Land vertrocknet,
Niederschläge gibt es nicht mehr,
bald ist auch das letzte Grün
verschwunden.