Kapitel 3
Knorpelische
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Ordnung Rochenartigen - Rajiformes, Teil 1
(Gitarrenrochen, Adlerrochen, Mantas)
Traurig: Wo diese "intergalaktischen Kampf-rochen" lagen, stehen jetzt hässliche Wasserbungalows.
Gnadenlos wird jetzt auch noch der letzte Rest des ehemaligen Paradieses vermarktet.
Als hätte Kuredu mit seinen 600 Betten nicht eine schon genug verbaute Insel!
Vier ausgewachsene Stachelrochen bei der mittäglichen Siesta an der Nordwestseite der Insel Kuredu, 2000
Hier sind die Sägefische, Elektrorochen, Gitarrenrochen, Glattrochen sowie die Stachelrochen zusammengefasst. Alle zusammen so etwa 450 bis 500 verschiedene Arten. Es sind Knorpelfische , die alle 5 oder 6 Kiemenöffnungen auf der Bauchseite haben. Die Ansaugöffnung befindet sich unmittelbar hinter den Augen. So können sich die bodennah lebenden Rochen in den Sand eingraben und trotzdem atmen. Sie sind dann leicht zu übersehen und flüchten auch nicht vor im Wasser watenden Personen weil sie auf ihre perfekte Tarnung vertrauen - oft mit fatalen Folgen durch zackige Wunden der nicht selten giftigen Stacheln.
Was gibt es da für verschiedene Arten! Vom 10 cm langen Elektrorochen bis zum 9,80 m langen Sägefisch oder dem 6 bis 7 m großen Manta. Rochen leben in allen Meeren von Pol zu Pol, von der knietiefen Lagune bis hinunter auf 2000 m. Sogar in tropisch - warmen Flüssen sind 30 Arten Stachelrochen zu finden, die meisten in Südamerika.
Sägefische gibt es auch im 170 km langen Nicaraguasee in Mittelamerika. Aber dieser See wurde vor Millionen von Jahren vom Meer abgetrennt und die darin lebenden Meerestiere hatten Zeit genug, sich langsam auf immer salzärmeres Wasser umzustellen.
Rochen sind kaum erforscht. Sie haben keinerlei kommerzielle Bedeutung und in Aquarien passen die meisten Arten nicht hinein. Entsprechend gering ist das Wissen über Rochen.
E: Gigant guitarfish , F: Poisson paille à pois, J: Tongari - sakatazame, D: Vaifiya
Länge: 3 m, Tiefe: 5 Ellaidhoo, Ari - Atoll, 1995
Großer Gitarrenrochen - Rhynchobatus djiddensis (Forsskål, 1775)
Eine absolut seltene Begegnung auf dem Riffdach. Der Große Gittarrenrochen kam am späten Nachmittag aus der Tiefe und schwamm über das Riff ins flache Wasser, wo er nicht wieder zu finden war: Paradoxerweise weil das Wasser so flach war und man nicht hinterher kam! Da schwimmt so ein riesiger Kerl von 3 m Länge ins allerflachste Wasser nahe am Ufer und nur die beiden Aufnahme kommen in den Kasten.
Halb Hai, halb Rochen wird er stattliche 3,10 m groß und ist dann bis 227 kg schwer. Nachgewiesen ist ein Alter von 20 Jahren. Auf den stark verbreiterten olivgrünen Rückenflossen sind weißen Punkte wie bei Adlerrochen zu sehen. Er lebt immer bodennah und sucht dort Krabben, Langusten, kleine Fische, Schnecken und Muscheln und wohl auch wirbellose Tiere. Sie sind ovovivipar und bringen 4 ca. 60 cm große Junge zur Welt. Das Fleisch der urtümlichen Gitarrenrochen schmeckt sehr gut und die Flossen werden in Südostasien zu horrenden Preisen auf den Märkten gehandelt.
Vorkommen: Westlicher Indischer Ozean bis zum südlichen Südafrika und den Inseln bis Sri Lanka, Rotes Meer.
Länge: 3 m, Tiefe: 5 m Ellaidhoo, Ari - Atoll, 1985
Trotz 29 x 3 Wochen auf den Malediven: Diese Begegnung hat man nur einmal im Leben. Auf dem Rücken des großen Tieres haben sich 2 Remoras, Schiffshalter, angesaugt.
E: Gigant guitarfish , F: Poisson paille à pois, J: Tongari - sakatazame, D: Vaifiya
Länge: 3 m, Tiefe: 5 m Kuredu, Faddhippolhu - Atoll, 1998
Brautwerbung der Gefleckten Adlerrochen Aetobatus narinari (Euphrasen, 1790)
Das Bild oben zeigt die Brautwerbung der Gefleckten Adlerrochen. An der nordöstlichen Ecke von Kuredu ließen sich die beiden Tiere fast eine Stunde lang am Außenriff begleiten und sich weder vom Schwimmer noch von der Ausrüstung stören. Die beiden waren durch ungewöhnliches Verhalten aufgefallen. Sie schwammen ohne Unterlass um sich herum. Der aktivere war der dunkle und etwas größere Rochen rechts im Bild. Es ist das Männchen, das sein Weibchen ohne es zu berühren umgarnt.
Sie zeigten keine Eile und zogen genau so mit der Strömung am Riff entlang. Mal gingen sie hinunter auf 10 m, mal kamen sie wieder bis an die Wasseroberfläche hinauf. Irgend wann verschwanden sie in der Tiefe, ohne dass sich Weiteres beobachten ließ.
Länge mit Schwanz: 3 m,
Tiefe: 2 m Kuredu, Faddhippolhu - Atoll, 1998
Gefleckte Adlerrochen - Aetobatus narinari (Euphrasen, 1790)
Die Oberseite des mächtigen Körpers ist blau oder schwarz und mit runden weißen Punkten übersät. Die Unterseite ist hell. Der peitschenförmige dünne Schwanz ist biegsam und kann ein Vielfaches des Scheibendurchmessers an Länge erreichen, soviel, dass sie von Schwanzspitze bis zum Kopf gut und gerne 9 m messen.
Oft sind aber auch Tiere mit verstümmelten oder total ohne Schwanz zu sehen wie das Tier im Vordergrund auf dem Bild oben. Wer mag sie ihnen abgebissen haben? In den Gewässern der Malediven leben an den Inseln meist Tiere mit einem Durchmesser zwischen 1 und 2 m. Sie sind relativ häufig zu sehen.
In anderen Gegenden werden sie bis 3 m breit. Sie bringen dann immerhin 227 kg auf die Waage. Sie leben in küstennahen Gewässern und sind extrem agil und kräftig, springen ähnlich wie die großen Mantas auch mal hoch in die Luft und es ist immer ein schöner Anblick, wenn sie mit grazilen Bewegungen paarweise am Riff entlangziehen.
Noch nie, auch nicht in der Karibik oder im Pazifik, habe ich sie im Sand liegen sehen wie all die anderen Rochenarten. Ihre Nahrung besteht aus Kraken, Tintenfischen, Krebsen, Garnelen und Muscheln. Aber obwohl sie ziemlich groß und schnell sind, haben auch sie Feinde. Große Haiarten fressen sie gerne.
Vorkommen: Atlantik von North Carolina und Karibik bis Brasilien, gesamter Indopazifik.
Breite: 3 m, Länge: 7 m, Tiefe: 8 m
Kuramathi, Rasdu - Atoll, 1986
Dieses Prachtexemplar eines ausgewachsen Gefleckten Adlerrochens zog über tiefem Wasser (ca. 100m) vor dem langen Außenriff von Kuramathi mit der Strömung ruhig vorbei. Mit einer Spannweite von 3 m hat er mit Schwanz eine Länge von 9 m: Ein ausgewachsenes Männchen mit richtig breitem Schädel.
Breite: 2 m, Länge: 4 m, Tiefe: 4 m Magala, Ari - Atoll, 1994
Gefleckte Adlerrochen - Aetobatus narinari
Breite: 2 m, Länge: 4 m, Tiefe: 3 m
Magala, Ari - Atoll, 1994
Breite: 2 m, Länge: 3 m, Tiefe: 2 m
Kuredu, Ari - Atoll, 2000
Spannend! Kommt man den großen Tieren so nahe (links kaum ein Meter), kann man nie sicher sein, ob man mit dem Peitschenschwanz eine übergezogen bekommt. Schmerzhaft die Erinnerung an die vom Wind aufgewühlte Bucht auf Corn Island, Nicaragua, wo der Rochen plötzlich zuschlug, weil er sich bei der Brautwerbung offensichtlich gestört fühlte. Der Striemen auf der Schulter war lang zu sehen.
Breite: 2 m, Länge: 4 m, Tiefe: 4 m Magala, Ari - Atoll, 1994
Breite: 2 m, Länge: 4 m, Tiefe: 4 m Magala, Ari - Atoll, 1994
Oft sind die Flecken der Adlerrochen nicht oder kaum zu sehen. Die Bilder unten zeigen vielleicht links ein maskulines und rechts ein feminines Tier. Auf dem Titelbild zu diesem Kapitel zog der Rochen kurz unter mir in der damals noch unberührten Lagune der unbebauten Insel Magala in Sichtweite von Ellaidhoo dahin. Es waren 5 große Tiere die zielstrebig und schnell über die Sandflächen dahinzogen und in der tieferen Lagune verschwanden.
E: Gigant manta , F: Mante gèante, J: One - itomaki - ei, D: En madi
Breite: 3 m, Länge: 4 m, Tiefe: 1 m Kuramathi, Rasdu - Atoll, 1998
Manta Manta birostris (Walbaum, 1792)
Der Manta ist wohl einer der bekanntesten Meeresbewohner überhaupt. Groß und unheimlich durchpflügt er seit Urzeiten die warmen Weltmeere und erst wir, die mit den Meeren bei Weitem vertrauter sind, würden dem harmlosen Planktonfresser nicht mehr den Namen "Teufelsrochen" anhängen.
Aber immerhin: 8 m breite und bis zu 3 Tonnen Lebendgewicht sind schon was! Dann haben Mantas ein durchschnittliches Alter von 36,7 Jahren erreicht. Wie die Haie haben die Mantas keine Schwimmblase und sind deshalb immer in Bewegung.
Ihr Brustflossen sind zu riesigen Flügeln umgewandelt, mit denen sie elegant und scheinbar schwerelos durchs Wasser gleiten. In das weit geöffnete Maul strömt, unterstützt von schaufelnden Bewegungen der beiden großen Kopflappen, planktonreiches Wasser. An den Riffen einiger Inseln mit günstigen Strömungsverhältnissen sind häufig Schulen von jungen Mantas zu sehen und zu manchen Jahreszeiten können ausgewachsene Tiere wie sonst nirgends beobachtet werden.
Manchmal springen Mantas senkrecht hoch in die Luft, fallen mit Getöse auf die Wasseroberfläche zurück. Ob sie Parasiten los werden oder ob sie damit Partner von weither anlocken wollen, sei dahingestellt. Eine Begegnung mit einem Manta vergisst man jedenfalls nie mehr.
Vorkommen: Alle tropische Meere
Black Lady
Im Morgengrauen bei äußerst schlechtem Wetter um die Weihnachtszeit (s. 100jähriger Kalender der Malediven) segeln die hier abgebildeten Mantas so ziemlich umbemerkt von allen Touristen und sogar von den Tauchern am Außenriff von Kuramathi entlang - wenn alle Parameter zusammen treffen. Es muss Plankton im Wasser sein (s. Strömung und Planktonverteilung im Indischen Ozean ), die Strömung und der Tidenhub muss stimmen, na ja, und 3 Jahrzehnte der Beobachtung und viel Erfahrung sollte man auch haben.
Und die hatte "Theo Manta"
Breite: 3 m, Länge: 4 m, Tiefe: 1 m Kuramathi, Rasdu - Atoll, 1998
Der Manta schwamm extra noch ein paar Kurven und ließ sich sogar anfassen. Sie bewegten sich knapp unter der Oberfläche und wenn es gelang, sich an der Vorderkante der Flossen festzuhalten, konnte man sich ziehen lassen.
Breite: 3 m, Länge: 4 m, Tiefe: 1 m Kuramathi, Rasdu - Atoll, 1998
Es ist ein tolles Gefühl, ziemlich weit draußen alleine so einem Giganten frontal gegenüber zu sein. Mit 2 Kameras um den Hals, dem Bleigürtel, Flossen, Brille und Schnorchel. Auf so einen Moment muss man ziemlich lange warten. Trotz 6-8 Stunden jeden Tag in 92 Wochen in 29 Jahren im Wasser.
Der Kerl war neugierig und umkreiste einen
Als wenn er wissen wollte, was das da für ein Wesen ist. Er machte sogar sein Maul zu.
Noch eine Runde
Dann kam er ganz nah heran und man konnte mit der ausgestreckten Hand über seinen Rücken kratzen. Das schien ihm zu gefallen. Er kam noch 2 mal zurück und verlangsamte sogar seine Fahrt. Viel zu nahe für gute Aufnahmen. Ist eben ein Vorteil wenn man alleine da draußen ist und keine Motorengeräusche zu hören sind. An den bekannten Mantapoints, z. B. im Nord-Ari-Atoll, sind oft 20 oder 30 Boote und garantiert immer um den Faktor 10 mehr Taucher als Mantas zu sehen.
Eigentlich heißt er ja Theo Blattner und kommt aus der Gegend um Mannheim. Er war Berufstaucher, hatte im Sueskanal 1973 die Zementdampfer wieder gehoben, die im Jon-Kippur-Krieg dort versenkt wurden, bekam Krebs im Halsbereich und hängte seinen Beruf an den Nagel. Um sich fortan nur noch um seine großes Liebe zu kümmern, um Mantas.
Zuhause fuhr er täglich 100 km mit dem Fahrrad. Klein und drahtig tauchte er auf seinen jährlich 2 Urlaubsreisen nach Kuramathi (und nur nach Kuramathi - Bungalow 100!) mit seinem Schnorchel mühelos auf 20 m ab - und blieb dort unten einfach liegen. Uns ging an der Oberfläche eher die Luft aus als ihm da unten - uns vor Staunen!
Gestatten: "Theo Manta "
In den 30 Jahren lernte er jede Qualle persönlich kennen. Es interessierte ihn nicht. Die Korallen starben. Er flog weiter hierher. Die Mantas kamen ja noch immer vorbei. Auch die Technik änderte sich aber Theo filmte weiter mit seiner Super8 im roten Gehäuse seine Mantas. Und wenn Weihnachten einer an Bungalow 100 vorbei kommt, kann er sich das rote Gehäuse zeigen lassen und den Abdruck des Haizahnes bewundern, denn er musste das Gerät mal einem angreifenden Hai ins Maul rammen.
Theo Manta war dabei (seine Lieblingsworte), als die Aufnahmen der Mantas hier entstanden. Es regnete und war kalt, morgens, vor 7:00 Uhr und er stärkte mich in der Annahme, dass er die Mantas lange vorher schon gerochen hat. Er weiß einfach alles über Mantas.
Von 1982 bis 1998 waren wir Stunden um Stunden zusammen im Wasser am Außenriff von Kuramathi. Am alten Anleger ins Wasser, durch den Rasdukanal meist gegen die Strömung und dann die ganzen 2 1/2 km das Riff entlang, mit allem Fotozeug über die Insel zurück und die Tour gleich noch mal gemacht, immer und immer wieder und alles königlich genossen! Kein Urlaubstaucher hat je so viel gesehen wie wir auf unserer Rennstrecke beim täglichen Marathonschnorcheln.... Nach Berichten gehört Theo Manta auch noch 2013 zum Inventar von Kuramathi.