Handbuch der Malediven
Kapitel 7: Stachelhäuter
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Weißfußseewalze - Holothuria nobilis, Ellaidhoo, 1995
Klasse der Seewalzen - Holothuriodae
Bekannt sind sie bei uns als "Seegurken". Nun sind die populären Namen nie genau. Aber hier sind sie wirklich falsch. Es sind Tiere und so hat sich in den letzten Jahren der Begriff "Seewalzen" durchgesetzt. Das diese dicken, scheinbar faul am Boden herumliegenden Walzen auch zu den Stachelhäutern mit dem fünffachen symmetrischen Körperaufbau gehören, ist von Außen nicht so ohne weiteres zu erkennen. Sie sind so unattraktiv, dass man gar nicht auf die Idee kommt, sie anzufassen.
Das ist auch gut so, denn so wehrlos, wie sie aussehen, sind sie nicht. Zwar sind die meisten Arten giftig und durch eine lederartige Haut sehr gut geschützt, dennoch wissen sie sich bei Störungen aktiv zu wehren. Sie stoßen letztendlich ihre gesamten Eingeweide aus, die selbst die gefräßigsten und hungrigsten Räuber am Riff regelrecht in die Flucht schlagen, jedenfalls die meisten.
Zu erst aber erscheinen aus dem After lange, weiße und überall festklebende Fäden die " Cuviersche Schläuche “ genannt werden. Nach einer gewissen Zeit regenerieren sich die Eingeweide wieder aber die Seewalze macht eine lange Hungerperiode durch. Trotzdem werden Seewalzen nach komplizierter Zubereitung in Südostasien als „Trepang“ gegessen. In Städten am Meer in Südostasien, in Australien und teilweise auch in Ostafrika gibt es richtige Trepang - Märkte. Die Seewalzen werden aufgeschnitten und die meist ziemlich giftigen Innereien sorgfältig entfernt. Der Rest wird getrocknet und geräuchert. Das sehr eiweishaltige Nahrungsmittel steht leider in dem Ruf, ein wirkungsvolles aphrodisierendes Mittel zu sein - sehr schlecht für die Seewalzenbestände in der Nähe der Märkte!
Was sind das nun für eigenartige Lebewesen, von denen es immerhin 1100 Arten gibt, die dem Stamm der Stachelhäuter, den Echinodermata, und der Klasse der Seewalzen zusammen gefaßt sind? Es sind tatsächlich Tiere, eng verwandt mit den Haar-, See-, Schlangenseesternen und den Seeigeln. Gemeinsam haben sie den fünffach - symmetrischen Körperbau. Sie haben kein Skelett. Ihre dicke Haut wird dafür durch mikroskopisch kleine Sklerite, kleinen Kalknadeln und auch Kalkplättchen, gestärkt, die bei jeder Art andere Formen haben. Kräftige Muskel durchziehen den Körper ringförmig und in Längsrichtung, geeignet für eine Art der Fortbewegung. Wie die Seesterne haben Seewalzen Ambulakralfüßchen (Saugfüße) entwickelt, die in normaler Weise fünf Reihen an der abgeflachten Bauchseite zu finden sind und bei einigen Arten nur noch in drei Reihen vorhanden sind oder sich in Warzen oder Körperanhängen umgewandelt haben.
Bei einer Seewalze ist nicht auf Anhieb zu erkennen, wo vorne und wo hinten ist. Man muß schon nach den Tentakeln, die den Mund umgeben, Ausschau halten. Einige Arten haben zwischen 10 und 30 einziehbarer klebriger Tentakel ausgebildet, die zum Herausfischen von Plankton oder organischen Schwebestoffen aus der Strömung oder vom Boden eingesetzt werden. Dafür klettern sie an Korallen oder Felsen empor um einen geeigneten Platz zu finden. Andere Arten fressen einfach vom Boden vor ihnen, sortieren alles Freßbare heraus und scheiden den Sand in überall am Boden zu sehenden Wülsten wieder aus. Eine dritte Gruppe schließlich lebt tief im Sand- oder in Schlickböden, den sie nicht verlassen und schließlich gibt es sogar kleine, planktonisch lebende Arten, die nicht ohne weiteres als Seewalzen zu sind.
Seewalzen sind oft von Parasiten und Schmarotzern befallen. Kleine Eingeweidefische und auch Seenadeln leben im Darm, Garnelenarten, allerlei Schnecken und Muscheln auf der Haut. Auch Borstenwürmer und Krabben suchen in den Körpern der Walzen Schutz, wohl wissend, dass diese kaum Feinde haben.
Seewalzen entlassen die Eier und den Samen einfach in die Strömung (Beschreibung bei den Strichelseewalzen). Die einzelnen Arten tun es zur gleichen Zeit zu bestimmten Mondphasen und Jahreszeiten. Die befruchteten Eier bilden Larven und treiben mit dem Plankton einher, die sich dann irgendwo an geeigneter Stelle niederlassen. Sie sind mit dieser Methode seit Äonen von Jahren immens Erfolgreich - doch manche Riffe sind leergesammelt und die Bestände an Seewalzen sind in vielen Teilen der Welt stark gefährdet.
Reich Vielzellige Tiere Metazoa Metazoa
Stamm Stachelhäuter Echinodermata Echinodermata
Unterstamm Eleutherozoen Eleutherozoa Eleutherozoa
Klasse Seewalzen Holothuroidea Holothuroidea
Ordnung Schildtentakelseewalzen Aspidochirota
Familie Schildtentakelseewalzen Holothuriidae Sea cucumbers
Gattung Actinopyga
Art1 Mauritiusseewalze Actinopyga mauritiana (Quoy & Gaimard, 1831) Mauritius sea cucumbers
Art2 Goldbraune Seewalze Actinopyga spinea Cherbonnier, 1980 sea cucumbers
Gattung Bohadschia
Art3 Strichelseewalze Bohadschia graeffei (Semper, 1868) Striated sea cucumbers
Art4 Marmorseewalze Bohadschia mamorata (Jäger, 1833) sea cucumbers
Art5 Unscheinbare Seewalze Bohadschia tenussima (Semper, 1868) sea cucumbers
Gattung Holothuria
Art6 Schwarze Seewalze Holothuria artra Jäger, 1833 Blackback sea cucumbers
Art7 Rosafarbene Seewalze Holothuria edulis Lesson, 1830 sea cucumbers
Art8 Braungepunktete Seewalze Holothuria fuscopunctata Jäger, 1833 Dotted sea cucumbers
Art9 Rotgepunktete Seewalze Holothuria fusocoruba sea cucumbers
Art10 Wurmseewalze Holothuria hilla sea cucumbers
Art11 Schwarze Seewalze Holothuria nobilis (Senlenka, 1867) sea cucumbers
Art12 Schwarzrückenseewalze Holothuria sp. sea cucumbers
Familie Vierkantseewalzen Stichopodidae
Gattung Stichopus Spiky sea cucumber
Art13 Grüne Seewalze Stichopus chloronotus Brandt, 1835 Green sea cucumbers
Art14 Schreckliche Seewalze Stichopus horrens Senlenka, 1867 sea cucumbers
Art15 Scheckige Seewalze Stichopus variegatus Semper, 1868 Varigated sea cucumbers
Gattung Thelenota
Art16 Ananasseewalze Thelenota ananas (Jäger, 1833) Pinapple sea cucumbers
Art17 Riesenseewalze Thelenota anax Clark, 1921 Clark's sea cucumbers
Familie Wurmseewalzen Synaptidae
Gattung Euapter
Art18 Godeffroys Seewalze Euapter godeffroyi (Semper, 1868) Godeffroy's sea cucumbers
Gattung Polyplectana
Art19 Braune Wurmseewalze Polyplectana kefersteini (Semper, 1867) Brown sea cucumbers
Gattung Polyplectana
Art20 Gefleckte Wurmseewalze Polyplectana maculata (Chamisso & Eysenhardt, 1821) Sticky snake sea cucumbers
E: sea cucumbers
Länge: 25 cm, Tiefe: 2 m, Dhigufinolhu, Süd-Male-Atoll, 1990
Mauritiusseewalze Actinopyga mauritiana (Quoy & Gaimard, 1833)
Die Mauritiusseewalze hat immer einen sandfreien, braunen Rücken und mehr oder weniger weiße Punkte auf der Bauchseite. Nicht jedes Individuum dieser Art hat diese weißen, zum Bauch hin größer werdenden Kreise oder Flecken. Die Unterseite ist gelb, der Körperquerschnitt halbrund. Die Mundöffnung ist unten von 25 Tentakel umgeben, der After steht schräg nach oben. Sie lebt auf harten Böden am Riff und kann sich auch bei viel Strömung gut festhalten.
Dort wo die Strömung stärker ist, wachsen Diatomeen ( Kieselalgen , von denen es 10.000 Arten gibt und die u. a. für die Reinheit der Gewässer ein große Rolle spielen) besonders gut und die weidet sie ab. Sie fassen sich glatt und hart an und werden mit 30 cm recht groß. Diese Art hat keine Cuviersche Schläuche. Vielleicht landet sie deswegen als "Redfish" auf den Trepangmärkten in Südostasien.
Vorkommen: Gesamter Indopazifik, nicht tiefer als 2 m.
Länge: 25 cm, Tiefe: 2 m, Dhigufinolhu, Süd-Male-Atoll, 1990
E: sea cucumbers
Länge: 40 cm, Tiefe: 50 cm, Angaga, Ari - Atoll, 1996
Goldbraune Seewalze Actinopyga spinea Cherbonnier, 1980
Von dieser Seewalze gibt es einige ähnliche Arten die nicht so ohne weiteres durch ein Foto zu bestimmen sind. So ist die Bestimmung hier nicht sicher aber die runde Form, Farbe und die Länge von 40 cm stimmen mit den Beschreibungen überein.
E: Striated sea cucumbers
Länge: 30 cm, Tiefe: 2 m Ellaidhoo, Ari - Atoll, 1994
Strichelseewalze Bohadschia graeffei (Semper, 1868)
Auf einigen Insel ist sie stark vertreten, auf anderen überhaupt nicht zu finden. Ihre Bewegungen sind, gemessen an anderen Arten, fast schon schnell zu nennen. Sie wird 50 cm lang bei einem Durchmesser von ca. 8 cm, ist aber nach eigenen Beobachtungen auch die agilste.
Durch die weiße Grundfarbe, den braunen Flecken und feinen schwarzen Punkten und Strichen ist sie leicht zu erkennen. Das Bild unten zeigt die fächerförmigen schwarzen, weisumrandeten Mundtentakel, mit denen sie auf hartem Untergrund organische Stoffe sammelt.
Sandigen Boden meidet sie, wahrscheinlich versagen dort ihre in 3 Reihen angeordneten kräftigen Saugfüße ihren Dienst. Auf dem Rücken sind einzeln stehende, spitz auslaufende Papillen unregelmäßig angeordnet. Die Fortpflanzung dieser Seewalzen konnte ich einmal am Riff beobachten.
Es war der 09.03.94 um 18 Uhr 30 am Riff von Ellaidhoo. Die Sonne war gerade hinter dem Horizont verschwunden und alle Strichelseewalzen, und das waren nicht wenige, hatten einen hohen Punkt erklommen und ragten mit zwei Drittel ihrer Körperlänge über diesen hinaus. Alle wiegten sich hin und her und entließen eine milchige Flüssigkeit ins dunkler werdende Wasser. Es sah aus, als rauchten Schlote in einer Industrielandschaft. Ein Blick in den Kalender zeigte, dass es drei Tage vor Neumond war. Der Mondstand ist der Auslöser zu diesem synchronen und für die Fortpflanzung so effektiven Verhalten, doch wie bekommen diese augenlosen Wesen diesen mit?
Vorkommen: Indopazifik.
E: sea cucumbers
Länge: 40 cm, Tiefe: 1 m, Angaga, Ari - Atoll, 1996
Marmorseewalze Bohadschia marmorata (Jäger, 1833)
Länge: 40 cm, Tiefe: 1 m, Angaga, Ari - Atoll, 1996
E: sea cucumbers
Länge: 30 cm, Tiefe: 0,5 m, Angaga, Ari - Atoll, 1996
Unscheinbare Seewalze Bohadschia tenuissima (Semper, 1868)
Die Unscheinbare oder auch Dünnhäutige Seewalze hat einen nahezu runden Körperquerschnitt bei einer maximalen Länge von 30 cm und sieht für Seewalzenverhältnisse fast schon schön aus. Auf der etwas abgeflachten Unterseite sind viele Saugfüßchen für den Halt auf dem Untergrund verantwortlich. Auf dem Bild unten ist der schräg nach oben gerichtete After zu erkennen. Das gelbliche Weis mit den winzigen, dunkelbraunen Papillen ist das Erkennungszeichen dieser Art. Sie graben sich manchmal in den Sand ein und ziehen sich bei leichten Störungen u-förmig zusammen oder stoßen bei Gefahr ihre Cuvierschen Organe in langer Fadenform aus
Die Annahme n den meiste Bücher, dass sie erst ab 5 m Tiefe zu finden sein, beruht einzig auf der Tatsache, dass ab dieser Tiefe die Gerätetaucher erst die Augen aufmachen. Beide Aufnahme entstanden in nur einem halben Meter Wassertiefe! Das gilt für alle anderen hier beschrieben Seewalzen oder-gurken dieser Familie.
Vorkommen: Im gesamten Indopazifik.
Länge: 30 cm, Tiefe: 0,5 m, Angaga, Ari - Atoll, 1996
Unscheinbare Seewalze Bohadschia tenuissima (Semper, 1868)
E: Blackback sea cucumbers
Länge: 30 cm, Tiefe: 0,5 m, Vilamendhoo, Ari - Atoll, 1997
Schwarze Seewalze Holothuria atra Jäger, 1833
Der runde Körper der schwarzen oder schwarzbraunen Seewalze ist immer mit Sand bedeckt. Sie haben keine Cuvierschen Organe und werden als Lollyfish auf den Trepang - Märkten angeboten. Sie leben bevorzugt auf sandigen Böden oder in Seegraswiesen und werden 55 cm lang. Es ist die einzige Art, von der man mehrere Tiere in einem Bereich finden kann. Die Schwarzen Seewalzen schlafen scheinbar nie, denn sie fressen sowohl am Tage als auch in der Nacht. Sie fressen den Sand inklusive der darin enthaltenen Mikroorganismen und organischen Anteile in sich hinein.
Vorkommen: Gesamter Indopazifik, von Ostafrika und dem Roten Meer bis Japan und Hawaii.
Länge: 30 cm, Tiefe: 0,5 m, Ellaidhoo, Ari - Atoll, 1995
Schwarze Seewalze Holothuria atra Jäger, 1833
E: sea cucumbers
Länge: 30 cm, Tiefe: 50 cm Vilamendhoo, Ari-Atoll, 1997
Rosafarbene Seewalze Holothuria edulis Lesson, 1830
E: Dotted sea cucumbers
Länge: 40 cm, Tiefe: 2 m Kuredu, Faadhippolhu - Atoll, 1998
Braungepunktete Seewalze Holothuria fuscopunctata Jäger, 1833
E: Black sea cucumbers
Beide Bilder zeigen trotz der Farbabweichung die gleiche Art. Die dunkelbraunen Punkte sind kleine Papillen und die Falten, meist auch dunkelbraun, sind das Erkennungszeichen dieser Art. Auch bei dem zusammengezogenen Tier auf dem Bild unten sind sie noch ansatzweise zu erkennen. Es ist wohl die Ruhestellung der Seewalzen, denn an den Riffabschnitt weitab westlich von Kuredu kam nie jemand hin. Der bis zu 60 cm lange Körper hat eine halbrunde Form, ist auf der Unterseite weißgelblich und hat eine Reihe mit sehr kleinen Saugfüßen. Die Mundöffnung ist zu Boden hingerichtet, der After endständig. Nur daran ist bei ruhenden Tieren vorne und hinten zu erkennen. Da sie keine Cuvierschen Schläuche hat, wird sie wohl ebenfalls eßbar sein. Sie ist nie von Sand bedeckt.
Vorkommen: Von den Malediven ostwärts bis Nordaustralien und den südpazifischen Inseln.
Länge: 30 cm, Tiefe: 50 cm Angaga, Ari - Atoll, 1996
Länge: 30 cm, Tiefe: 50 cm Angaga, Ari - Atoll, 1996
Das Schwarz der Haut absorbiert jeden Lichtstrahl und auch die roten Punkte sind am Boden bei weitem nicht so deutlich wie auf dem Foto zu sehen. Auf dem Bild oben ist der Kopf wie ein Staubsauger fest und breit auf dem Korallenuntergrund angehaftet.
Auch der Körper hat sich dem Untergrund genau angepaßt und die vielen kleinen Saugfüße sorgen für zusätzlichen Halt damit die Tentakel der Mundöffnung in aller Ruhe die organischen Bestandteile der bewachsenen abgestorbenen Koralle abtupfen können. Leichter Wellenschlag oder Strömungen machen der Seewalze auf diese Weise nicht viel zu schaffen. Dieser Art ist nicht sehr häufig.
Länge: 30 cm, Tiefe: 50 cm Angaga, Ari - Atoll, 1996
Rotgepunktete Seewalze Holothuria fuscorubra Gmelin, 1791
Rotgepunktete Seewalze Holothuria fuscorubra Gmelin, 1791