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Die Reste der Mittagskanone bei ca. 30° minus im Dezember 1985
Story
Am anderen Ende der Darulaman
lag der gleichnamige Palast. Dort
war auch das Arbeitsministerium
untergebracht und dort t sollte Ende
der 60er Jahre der Straßenbau in
Afghanistan abgerechnet werden.
Aber wer will in einem
orientalischen Land schon alles so
genau wissen. So brannte der
Darulamanpalsat samt aller
Unterlagen einfach ab bevor es zu
einer Abrechnung kommen konnte!
Info Diener
Ohne Diener ging es nicht. Das
Haus durfte nie alleine gelassen
werden.
Es waren begehrte Jobs. Verdiente 1970 ein Aska (Soldat)
3 DM (!), ein Lehrer 30 DM im
Monat, kam ein guter Diener auf
50 - 90 DM.
Story
Egal, was gekocht wurde: Es
wurde immer Gulasch! Im Morgengrauen fuhr
Choddabachtsch (so viel wie
"Gottesjunge") im Norden der
Stadt mit den Rad los. Am
Straßenrand wurde dann
geschächtet: Kälber, Ziegen,
Schafe.
Er klemmte also eine Kalbshaxe
unverpackt auf den Gepäckträger
und musste nun schneller fahren,
denn alle Fliegen waren ihm nun
auf den Fersen.
War der Hausbewohner erwacht,
fing es in der Küche an zu klopfen.
Mit einer Schnapsflasche, gefüllt
mit Wasser, hämmerte er auf den
Fleischfasern rum. Gleich kam das
Fleisch auf den Elektroherd. Im
Winter gab es aber starke
Stromspannungen und das Netz
lieferte statt 220 V oft nur um die
160 V. Dazu kocht Wasser in der
Höhe von Kabul schon bei ca. 85º
C und tötet damit nicht mal alle
Keime ab.
Es wurde 10 Uhr und das Fleisch
machte keinerlei Anstalten, weich
zu werden. Also wurde es einmal
durchgeschnitten, noch mal um
11:00, um 11:30, um 11:45. Dann
knallte die Mittagskanone und es
gab wieder einmal - Gulasch!
Info Müllabfuhr
Der Müll, oder das was der Diener
nicht gebrauchen konnte, wurde
gekonnt dem Nachbarn vor die
Mauer gekippt.
Dort wurde er noch mehrere Male
durchsucht. Dann wurden magere
Kühe darüber hinweggetrieben.
Die fraßen alles Organische. Die
Ziegen fraßen selbst Papierreste
und nachts fraßen die Hunde auch
noch davon und bald war alles
weg. Wozu also eine Müllabfuhr?
Urbanes Stadtleben, alles was man so braucht: Einen Schuster...
Story
Stolz war der Berliner
Verkehrspolizist (aus der Uhlandstr.), als endlich die
Verkehrskellen für seine Kabuler
Kollegen eintrafen, die er so
hingebungsvoll wie aussichtslos
ausbildete. Batterien im Griff, rotes und grünes Licht - ein herrliches Spielzeug für einen Afghanen!
Einen Tag später waren sie schon
in der Stadt zu sehen. Auf der
Kreuzung hinter dem Spinzarhotel
stand ein stolzer afghanischer
Polizist auf einem rotweißen
Podest auf dem sich im Zirkus
sonst die Elefanten drehen
.
Der Polizist hatte beide Arme
ausgestreckt, in der Rechten die
Kelle, im Mund die neue
Trillerpfeife. Mit den ausgestreckten Armen wirbelte er nun andauernd um die eigene Achse herum „und der Verkehr blieb stehen und sah zu, wie er geregelt wurde“ (Kurt Tucholsky).
Ein Radfahrer verstand das
offensichtlich nicht so richtig und
fuhr seelenruhig unter dem Arm
mit der Kelle hindurch. Das gefiel
dem Polizisten nun aber gar nicht
und er hieb dem Radfahrer die
Kelle in den Nacken so dass
dieser vom Rad fiel.
Der Polizist drehte sich längst
wieder mit ausgestreckten Armen
und wild pfeifend um die eigene
Achse. Schließlich musste er ja
sehen, was so los war auf seiner
Kreuzung.
Der Radfahrer aber rappelte sich
hoch, schwang sein Fahrrad über
den Kopf und hieb es dem
Staatsdiener in die Kniekehlen.
Mehr war nicht zu erkennen. Im
Quadrat der vergehenden
Sekunden wuchs die Zahl der
Schaulustigen an und die
Kreuzung war noch lange Zeit zu.
Schließlich passierte ja sonst
nichts in der Stadt und so eine
Prügelei mit einer so schönen
neuen Kelle mit "Halt - Polizei" gab
es nicht jeden Tag.
Nur der Ausbilder weinte bitterlich
weil alle neuen Kellen die raue
Luft am Hindukusch keine Woche
lang überlebten....
Das kleine Lustschlösschen Bagh - e - Bala i1972 m Nordwesten der Stadt am Intercontihotel.
Ob die hier besser wohnten?