BERLIN
Steglitz - Zehlendorf
Berlin
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Berlin - Zehlendorf, Seite 4
Schloss Glienicke 1
Hauptgebäude
Der Tempel des derzeitigen Eingangs in das Schloss Klein-Glienicke an der Ostseite
1660 Um diese Zeit herum lässt der Große Kürfürst die erste Brück über die Havel schlagen. In dieser Gegend gibt es nur dichten Kiefernwald mit wenigen Laubbäumen.
1677 Die vom Große Kürfürst genutzte Jagdhütte südlich der Brücke wird der Vorläufer vom Jagdschloss Glienicke gewesen sein. Im Gebiet des heutigen Volkspark Glienicke lässt er Wein anpflanzen. Bis zu 1000 Liter sollen sie ergeben haben.
1738 König Friedrich I. lässt Maulbeerbäume für die Zucht der Seidenraupe pflanzen, was kläglich scheitert.
Er schenkt einem "Manufactrier" Gloppert hier Land. Dieser baut ein erstes kleines Haus hier.
1747 baut der Arzt und Hofrat Mirow des im gegenüberliegenden Jagdschloss eingerichteten Lazaretts ein Wohnhaus auf der Havelhöhe.
1763 am Ende des siebenjährigen Krieges vermietet er das Haus an General Möllendorf. Viele Mieter folgen.
1796 Das Anwesen wird für 23.000 Taler von einer Majorin von Stein an den Oberstallmeister Graf Lindenau verkauft.
Dieser legt den englischen Landschaftsgarten an und lässt ein Herrenhaus und mehrere Nebengebäude und Pavillons errichten, darunter auch ein Billiardhaus am Havelufer, das spätere Casino.
Mosaik aus hundsgewöhnlichen Pflastersteinen kunstvoll verlegt
1803 Durch einen strengen Winter sterben alle Rebenstöcke ab - ein Glück!
1807 vermietet Graf Lindenau alles an den preußischen Staatskanzler Karl-Augst Fürst von Hardenberg für 400 Taler im Jahr.
1814 kauft es Fürst von Hardenberg von einem gewissen Rosentreter für nun schon 34.500 Taler. Das stattliche Gut ist jetzt schon 389 Morgen groß.
Er baut das Wohnhaus von Mirow in ein Schlösschen um. Andreas Ludwig Krüger entwirft die Pläne.
Der Schwiegersohn des Fürsten von Hardenberg ist der nicht unbekannte Herman Fürst von Pückler-Muskau, dessen weltberühmte Parkanlage noch heute bei Dessau zu besichtigen ist.
Fürst von Pückler-Muskau beginnt den Park in Glienicke neu anzulegen.
1816 Peter Joseph Lenné bekommt von Hardenberg den Auftrag, den Park neu zu gestalten. Der Park umfasst jetzt 116 Hektar.
1822 Fürst von Hardenberg stirbt. Sein Sohn Graf Hardenberg-Reventlow besitzt es für 2 Jahre und verkauft es
1824 an König Friedrich Wilhelm III. und Königin Louise für 51.000 Taler.
Sie schenkten es ihrem dritten Sohn Prinz Carl von Preußen. Er baut es zu seinem Sommersitz aus und schmückt ihn mit seinen antiken italienischen Kunstschätze aus, die er begeistert sammelt und von Reisen nach Italien mitbrachte.
1824/1825 baute Schinkel das Billardhaus zum Casion in italienischen Stil um.
1826/1828 Schinkel baut das Schloss zu einem Lustschloss um. Vorbild sind römische Villen. Ein vierter Flügel wird angefügt: das Kavaliershaus und
Hermes
An der Nordseite, links des Ausgangs
Schönes Kapitell
1829 entsteht der Turm. Für den Gartenhof entwirft er einen Brunnen.
1835 Schinkel entwirft und baut die Große Neugierde.
1837 den Löwenbrunnen,
1837/1838 das Maschinenhaus,
1841-1850 Prinz Carl kauft Gelände hinzu.
1841 Schinkel stirbt.
1849 wird am Greifentor im italienischen Stil das Pförtnerhaus errichtet. Die beiden griechischen Jungfrauen der Westfasade gehen auf Christan Daniel Rauch zurück.
1860 baut Prinz Carl von Preußen das Schloss und den Park weiter aus. Für die Gebäude engagierte er, wie oben genannt - die bedeutensten Architekten und Künstler seiner Zeit.
Die Pläne erstellte Karl Friedrich Schinkel. Die Arbeiten werden von seinem Potsdamer Schüler Ludwig Persius fortgeführt. Ebendso wirken Christan Daniel Rauch und Friedrich (der Bildhauer) und sein Bruder Ludwig (der Dichter) Tiek hier.
Drei Landschaftsformen werden nach den eigenen Entwürfen des Prinzen Carls gestaltet:
Der nördlichen Teil mit den dunklen Wälder stellt Deutschland, der Teil zwischen dem Wald und dem Schloß auf den Havelhöhen stellt die Alpen dar.
Schlichtheit ist schön
Die Havel bringt die Adria ins Spiel. Ein vor Anker liegender Nachbau eines antiken Segelschiffes sollte die Illusion verstärken.
Die "Venus Italica" nach Antono Canova wurde zwischen 1845 und 1864 in Bronze gegossen. Der Bildhauer schuf sie zwischen 1815 und 1822 aus Marmor.
Die Bronze ist in der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel zu Berlin ausgestellt.
Der italienische Bildhauer lebte von 1755 bis 1822.
Es dürften unzählige Abgüsse dieser Figur weltweit geben. Eine steht im Garten des Schlosses Glienicke.
Es ist die schönste Figur im Schlosspark von Klein-Glienicke
"Venus Italica"
Von wo aus man diese Figur auch sieht - sie ist anmutig
Der repräsentative Haupteingang an der Südseite, dem Löwenbrunnen zugewand
Gartenhof
Schinkel hat den Brunnen und die Ildefonso-Gruppe als Blickfang hier angeordnet
Im Gartenhof des Schlosses steht vor der Fassade des Kavalierhauses eine der vielen Kopien der Ildefonso-Gruppe. Das Original steht im Prado in Madrid. Sie stammt wohl aus der hadrianischen Zeit (Kaiser Hadrian, Rom, 76 - 138 n. Chr.).
Die ikonographische Bedeutung dieser Doppelgruppe - ein Vorbild für spätere Doppelskulpturen wie z. B. die Prinzessinnen Luise und Friederike von Preußen (1797, Alte Nationalgalerie, Berlin) - ist nicht geklärt.
Heute nimmt man an, dass es sich bei den Jünglingen um Castor und Pollux (die Dioskuren, die Söhne Zeus, sie stehen für die Sterblich- und Unsterblichkeit) handelt. Hinter den beiden steht eine Kore, eine Mädchengestalt in griechischem Gewand. Sie ist wichtig für die Statik der Skulptur.
Es gibt viele Kopien der ildefonso-Skulptur, in Weimar, London, Paris, aber eine steht keine 10 km von hier, nahe des Dichterhains im Park von Sanssouci.
Die Anziehungskraft der Masken ist groß - ein Spatzenpaar nistet in der rechten
Kavaliersflügel mit Turm und Wagenremise
Diese schöne Neptunfigur ist ein Geschenk Friedrich Wilhem III. an seinen Sohn Prinz Carl zum Geburtstag. Sie wurde am 23. Juni 1838 aufgestellt.
Es ist eine Zweitfassung eines Denkmals, die der Rauchschüler Rietschel für einen Brunnen in Nordhausen schuf. Die Brunnenschale geht auf einen Entwurf von Knobelsdorff zurück. Sie stand vorher im Park Sanssouci in der schon 1797 wieder abgerissenen Marmorkolonnade.
Ein zweiter Brunnen mit einer Muschelschale ist an der Südseite des Casinos zu sehen.
Neptun
Neptun mit Brunnenschale. Im Hintergrund die Remise
Die neu errichtete Remise beherrbergt heute ein Restaurant
Die schönen Figuren an der Südseite des Kavaliershauses...
... kommen gut zur Geltung
Odysseus
Die Südseite
Kleine Neugierde
Im Jahr 1796 entsteht an dieser Stelle ein Gartenhaus. 1825 baut es Schinkel zu einem Teehaus und Aussichtspavillon um. Die Front war der Straße zugewandt und erlaubte Prinz Carl und seiner Gemahlin das geschäftige Leben kurz vor der Glienicker Brücke zu betrachten. So erhielt das Gebäude den Namen Neugierde.
Die Kleine Neugierde. Die Rückseite ist heute der Straße zugewandt.
Die Kleine Neugierde von der Straße aus gesehen
Die Säulen an der Vorderseite sind aus rotem Marmor. An den Wänden im Inneren sind, wie im Gartenhof, Bruchstücke aus der Antike eingelassen. Wertvoll Wandmalerein von Schinkel und ebenso schöne Mosaike gehen durch Granatentreffer und Plünderungen im Zweiten Weltkrieg verloren. Instandsetztungen erfolgten in den Jahren von 1957-67 und um 1980.
Latière
Traurig schaut das Milchmädchen auf den auslaufenden, zerbrochenen Krug
Latière
Die Figur des Milchmädchens - sie geht auf eine Fabel von La Fontaine zurück - ist 1827 ein Geburtstagsgeschenk der Schwester des Prinzen Carl von Preußen. Prinzessin Charlotte ist mit Zar Nikolaus I. verheiratet und somit die Zarin Alexandra Feodorowna.
Die Latière sitzt auf einem Findling und Wasser symbolisiert die aus dem zerbrochenen Krug auslaufende Milch. Nach dem 2. Weltkrieg sind die Bronzefigur und der Findling verschwunden. Der Stein wird später im Volkspark wieder gefunden.
Seit 1979 bemühte sich Berlin um einen neuen Abguß. Erst 1989 konnte die schöne Figur wieder aufgestellt werden
Das Original wird 1810 von dem russischen Bildhauer Sokolow geschaffen und steht heute in der Stadt Puschkin.
" Hatse nu Zahnschmerzen oder telefoniert se?" frug die ca. 8-jährige Berlinerin ihre Mutter .
Der Schlosspark in leicht hügliger Landschaft im Juni 2010
Große Neugierde
Abwecheslnd sind im Geländer Zeus- und Heraköpfe eingelassen. Für das Gesicht der Göttin stand Prinzessin Marie Model.
Nach dem Brückenneubau 1834, die Pläne werden Schinkel zugeschrieben, baut dieser 1835 die Große Neugierde. Als 1939 die Königstraße ausgebaut wird, wird sie etwas nach Norden versetzt und die Stufen in den Park verlegt.
Sie erinnert an ein Sieg eines Knabenchores bei einem Sängerwettbewerb zu Ehren Dionysos, 335 oder 334 v. Chr. und besteht aus einem vergoldeten Bronzedreifuß.
Der Rundbau wird von 18 korinthischen Säulen getragen. Auf dem Dach steht als Fortsetzung der Mittelsäule eine Nachbildung des Athener Lysikratesmonuments (" Laterne des Diogenes ") aus dem 4. Jhd. v. Chr. am Osthang der Akropolis.
Im Zweiten Weltkrieg wird der Rundbau schwer beschädigt, Plünderungen und Vandalismus tun ein übriges. Erst um 1980 beginnt der Wiederaufbau.
Auf der Mittelsäule ruht hoch oben die "Laterne des Diogenes" (Dez. 2010)
Lysikratesmonument, auch genannt "Die Laterne des Diogenes", Dezember 2010
Man stößt auf zwei Varianten wenn man nachforscht, wie die Große Neugierde zu ihrem Namen kam.
Einmal soll ein Sohn des Prinzen Carl von Preußen von hier aus gerne den regen Verkehr über die Brücke beobachtet und den Kutschen und Fuhrwerken nachgeklatscht haben. Er war geistig nicht ganz gesund.
Eine andere Anekdote besagt, es gehe auf die Gemahlin Marie des Prinzen zurück. Sie sollte das Bauwerk geschenkt bekommen und es sollte bis dahin vor ihr verborgen bleiben.
Sie aber fand ein Astloch und der Name Neugierde blieb.
Frauen sind ja eigentlich nicht neugierig. Sie wollen nur alles wissen.
Es ist wirklich Gold was da glänzt
Zu Westberliner Zeiten war hier die Welt zu Ende - wenn der Urlaub oder das lange Wochenende noch auf sich warten ließ. Hier fuhr man her, schaute auf die Havel - und drehte wieder um.
Von der Schönheit der gesamten Anlage hatte man keine Ahnung. Alles war seit dem Krieg vergammelt. Was das jetzt für ein Kleinod ist, hat sich so richtig auch noch nicht herumgesprochen. Nie ist es so voll wie in Sanssouci. Während der Woche hat man den Park mit den uralten Bäumen ganz für sich alleine. Psst! Nicht weiter sagen...
Hart an der Grenze - was hier im Laufe der letzten 250 Jahre alles zu sehen war...
Frisch renoviert im kalten Frühjahr 2010
Und frisch vergoldet