Kapitel 2
Knochenfische
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Die Familie der Lippfische Labridae ist innerhalb der großen Ordnung der Barschartigen Perciformes nach den Gobiidae , den Grundeln, die Zweitgrößte.
Zum Anderen sind die Fische auch wirklich schwer zu identifizieren, da häufig Männchen und Weibchen so unterschiedlich aussehen, dass sie lange Zeit über als verschiedene Arten angesehen wurden.
Putzerlippfische Labroides dimidiatus bei der Arbeit an einem Papageifisch Scarus sp.
Auch wandeln sich Weibchen oft mit zunehmendem Alter in männliche Tiere um (Geschlechtsdimorphismus) - was wieder ein anderes Farbkleid ergibt. Natürlich haben, um die Unordnung komplett zu machen, die Jungtiere ebenfalls eine andere, oft prächtig bunte Färbung.
Größe: ca.12 cm, Tiefe: 2 m
Angaga, Ari-Atoll, 1996
Kopf eines Thalassoma hardwicki, Regenbogenjunker
Aber auch diese neue Taxa ist nach wie vor umstritten. In den meisten Büchern werden die Gattungen der Familie Labridae (z. B. Nr. 220 nach Smith´s Sea Fishes) einfach in alphabetischer Reihenfolge der lateinischen Namen dargestellt. So umgeht man diese Problematik einfach.
Klar, dass deswegen die Lippfische ursprünglich bei Farb- und Formenabweichungen als eigene Arten beschrieben wurden. Erst in jüngster Zeit bringen die Aquaristik und verbesserte Freilandbeobachtungen etwas Ordnung in die Systematik der Lippfische. Die Zahl der Arten ist auf diese Weise schon von über 600 auf rund 200 in 71 Gattungen zurückgestuft worden.
Die Familie Labridae wird bisher in 5 Unterfamilien aufgeteilt:
Bodianinae - Schweinslippfische,
Cheilinae - Prachtlippfische,
Corinae - Junkerlippfische
Labrichthyinae - Putzerlippfische
Pseudodacinae - Meißelzahn-Lippfische
Wie polygenetische Untersuchungen 2005 ergeben haben ist diese Darstellung allerdings veraltet.
Man kann die Arten in zwei Gruppen einteilen. Die einen graben sich nachts zum Schutz vor den Räubern im Sande ein, die anderen tun es nicht. Einige davon verstecken sich zwischen den Korallen. Andere Arten hüllen sich in eine geruchsabweisende Schleimschicht ein, die sie am Morgen auch wieder auffressen.
Trotzdem haben diese neuen Untersuchungen Überraschendes festgestellt Bisher wurde die Papageifische, die Scaridae, als eigene Familie geführt. Nach dem neuesten Kladogramm gehören sie aber wahrscheinlich als Schwestertaxon der Prachtlippfische (Cheilinini) zu den Lippfischen.
Lippfische sind tagaktive, langgestreckte Fische die den Barschen ähnlich sehen. Allerdings schwimmen sie hauptsächlich mit den Brustflossen. Die Schwanzflosse als Antrieb setzen sie nur in besonderen Situationen wie z. B. bei der Flucht ein. Dieser Schwimmstil ergibt eine wellenförmige Bewegung. Vielleicht das einzige gemeinsame Merkmal, an dem man Lippfische erkennen kann.
Ähnliches Verhalten ist auch von einigen Papageifischen ( Scaridae ) bekannt. Bei beiden wird der Schleim von Drüsen produziert und durch Flossenbewegungen über den Körper verteilt. Als Jungtiere bevölkern Lippfische oft in großen Schwärmen die Riffkanten, während sie später zu territorialen Einzelgängern werden. Einige Arten betreiben eine Brutpflege, ja sogar Nestbau wird betrieben.
Ein Paar Putzerlippfische bei der Arbeit. Erst ist ein Preußenbanner -Lippfisch dran. Die nächsten Kunden warten geduldig bis sie an der Reihe sind: links ein Sträflingsseebader und rechts ein Drückerfisch.
Größe: 25 cm, Tiefe: 1 m Kuredu, Faddhippolhu-Atoll, 1998
Fam. Lippfische Labridae Wrasses,
UFam. Schweinslippfische Bodianinae Wrasses
Gat. Schweinslippfische Borianus
Art Achselpunkt-Lippfisch - Bodianus axillaris 1 Axilspot hogfish
UFam. Prachtlippfische Cheilininae Wrasses
Gat. Prachtlippfische Cheilinus
Art Schneeflocken-Lippfisch - Cheilinus chlorourus 3 Floral wrasse
Art Rotbrust-Lippfisch - Cheilinus fasicatus 4 Redbreast wrasse
Art Prachtlippfisch - Cheilinus trilobatus 5 Tripletail wrasse
Art Napoleon - Cheilinus undulatus 6 Humphead wrasse
Gat. Epibulus
Art Stülpmaul-Lippfisch - Epibulus insidiator 7 Slingjaw wrasse
Gat. Novaculichthys
Art Bäumchenlippfisch - Novaculichthys taeniourus 8 Rockmover wrasse
UFam. Junkerlippfisch Corinae
Gat. Cheilio
Art Zigarrenlippfisch Cheilio inermis 10 Cigar wrasse
Gat Coris
Art Spiegelfleckjunker - Coris aygula 11 Clown coris
Art Indischer Clownjunker - Coris formosa 12 Queen coris
Art Gelbschwanzjunker - Coris gaimard 12a Yellowtail coris
Gat Vogellippfische Gomphosus
Art Vogellippfisch Gomphosus caeruleus 13 Green birdmouth wrasse
Gat. Halichoeres
Art Schachbrettjunker Halichoeres hortulanus 14 Checkerboard wrasse
Art Streifenjunker Halichoeres marginatus 15 Dusky wrasse
Art Zickzackjunker Halichoeres scapularis 16 Zigzag wrasse
Art Vroliks Junker Halichoeres vrolikii 17 Ind. Oc. pinstriped wrasse
Gat. Hemigymnus
Art Preußenbannerfisch Hemigymnus melapterus 19 Blackeye thicklip
Gat. Putzerlippfische Labroides
Art Zweifarben-Putzerlippfisch Labroides bicolor 20 Bicolor cleaner wrasse
Art Putzerlippfisch Labroides dimidiatus 21 Bluestreak cleaner wrasse
Gat. Thallassoma
Art Regenbogenjunker Thallassoma hardwicki 22 Sixbar wrasse
Art Jansens Lippfisch Thallassoma jansennii 23 Jansen's wrasse
Art Mondsicheljunker Thallassoma lunare 24 Moon wrasse
Art Fünfstreifenjunker Thallassoma quinquevittatum Fivestripe wrasse
UFam. Meißelzahnlippfische Pseudodacnae
Gat. Meisselzahnlippfische Pseudodax
Art Meiselzahnlippfisch Pseudodax molucannus Chiseltooth wrasse
Größe: 12 cm, Tiefe: 7 m Ellaidhoo, Ari-Atoll, 1994
Abgebildet ist ein junger Achselpunkt-Lippfisch, den man auch schon beim Putzen von großen Räubern wie Zackenbarschen gesehen hat. Ist er erwachsen, hat er einen dramatischen Farbwechsel durchgemacht. Von den zahlreichen weißen Flecken sind ganze vier, symmetrisch verteilt pro Seite übrig geblieben (s.u.). Aber jetzt sind sie schwarz. Die Körperfarbe ist hellbraun. Sie legen ein ziemlich seltenes Fressverhalten für Fische an den Tag. Finden sie eine Schnecke, die sie mit den Zähnen nicht aufbeißen können, suchen sie sich eine feste Unterlage und schlagen ihre Beute solange dagegen, bis sie zerbricht. Bestimmt ist dieses Verhalten einmal in einem Aquarium beobachtet, beziehungsweise gehört worden.
Achselpunkt-Lippfische sind Einzelgänger, die allenfalls mal in losen Gruppen daherkommen. Sie leben von Schnecken, Muscheln, Krebsen und Schlangenseesternen. Seeigel erlegen sie, indem sie die Stacheln einzeln abbeißen, um an das schmackhafte Innere zu gelangen. Sie gehören zu der Gruppe von Lippfischen, die sich nachts in den Korallen verstecken. Sie werden bis zu 20 cm groß und ihr Lebensraum reicht bis auf 40 m herunter.
Vorkommen: Vom Roten Meer bis Japan im gesamten Indischen Ozean.
Größe: 15 cm, Tiefe: 1 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2008
Größe: 12 cm, Tiefe: 7 m Ellaidhoo, Ari-Atoll, 1994
Größe: 15 cm, Tiefe: 1 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2008
Größe: ca.15 cm, Tiefe: 1 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2008
Sieht man diese skurril gezeichneten Wesen über das Riff huschen, hat man den Eindruck sie seien Schwarz. Aber sie sind dunkelbraun .
Vorkommen: Rotes Meer und westlicher Indischer Ozean.
Das untere Bild zeigt den Versuch eines Abudjubbes Prachtlippfisches, sich in der Nacht zu verstecken.
E: Axilspot h ogfish, F: Labre á tachetée, J: Akaten-mochino-uo, D: Hikaa
Nur in dem 1999 neu für Touristen erschlossenen Süd-Nilandu-Atoll war dieser Schneeflocken-Lippfisch zu sehen. Vielleicht war er durch die dunkle Farbe zwischen all den im vorherigen Frühjahr abgestorbenen Korallen besonders gut zu finden.
Er wird das Korallensterben überleben. Gebiete mit Korallenbruch waren schon immer sein zuhause. Er muss nur unter den Korallenbruchstücken noch nach kleinen Krebsen, Würmern und anderem Getier suchen.
Wie noch einige andere Arten der Lipp- und Papageifische dreht er mit seinem Maul erstaunlich große Stücke um. Da drunter findet er seine Nahrung. Bis zu 45 cm werden die meist paarweise am Riffabhang lebenden Fische groß.
Vorkommen: Westlicher Indischer Ozean, von der Küste Ostafrikas bis zu den Malediven und Sri Lanka.
Die Gattung Cheilinus umfasst allein 15 Arten. Der Rotbrust-Lippfisch ist durch seine schöne Färbung leicht zu erkennen. Auf den Malediven ist die Farbe rostbraunorange. In anderen Gewässern, so um Australien, ist er kräftig rot gefärbt. Seinen Körper zieren fünf weiße Querbinden, den Schwanz zwei. Um die Augen sieht es aus, als habe sich der Fisch geschminkt. Strahlenförmig umgeben rote Striche seine Augen.
Dieser Lippfisch ist an Insel, wo nicht gefüttert wird, verhältnismäßig scheu und hat dort eine größere Fluchtdistanz. Er durchstöbert Sandböden nach darin lebendem Kleingetier. Er wird bis zu 40 cm groß und ist im flachsten Wasser ebenso zuhause wie in 40 m Tiefe.
Ist er zum Graben zu faul, schleicht er sich an andere den Boden aufwühlende Fischen wie Meerbarben an, um denen Teile der Beute wegzuschnappen. Werden irgendwo Fische gefüttert, ist er einer der ersten, der einem die dargebotene Nahrung regelrecht aus der Hand reißt.
Vorkommen: Im riesigen Gebiet vom Roten Meer bis Japan, Samoa und Neu Kaledonien.
Größe: 15 cm, Tiefe: 1 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2001
Jungfische halten sich in der Lagune auf
Größe: 25 cm, Tiefe: 1 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2008
Größe: 20 cm, Tiefe: 1 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2001
Diese Deckung soll für die Nacht schützen?
Größe: 20 cm, Tiefe: 1 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2001
Oder sind die Farbunterschiede Geschlechtsmerkmale?
Mit dem Wachstum verfärbt er sich
Ziemlich selten und sehr scheu ist dieser 45 cm groß werdende Lippfisch mit dem dreizackigen Schwanz.
Die Nahrung besteht aus kleinen Fischen, aus Krustentieren jeder Art und aus Muscheln und Schnecken, die er mühelos mit seinen kräftigen Zähnen aufbeißt.
Lippfische sind als Art sowieso schon außergewöhnlich genug. Aber wenn die Meldung stimmt, dass 1964 in sage und schreibe 405 m Tiefe vor Durban wirklich 2 Jungfische dieser Art gefangen wurden, dann muss man sich fragen, was machen die dort unten, wie halten sie solche Tiefen aus oder war diese Meldung falsch? Nachzulesen in Smith‘s Sea Fisches Seite 690.
Genauso selten wie er anzutreffen ist, ist die Literatur über diese schöne Art. Bitte Vorsicht mit dem deutschen Namen. Der Lebensraum dieser Fische sind stille, ungestörte Riffabschnitte. Nachts klemmen sie sich in die ungewöhnlichsten Spalten.
Die Schwanzflosse ist wirklich groß und ein Alleinstellungsmerkmal an den Riffen. Oder was es. Sie sind selten geworden
Vorkommen: Indopazifik.
Die dreigeteilte Schwanzflosse ist einzigartig am Riff
Prachtlippfisch Cheilinus trilobatus Lacepède, 1801
E: Humphead wrasse, F: Napoléon, J: Megane-mochino-uo, D: Maahulumbu landaa
Größe: 80 cm, Tiefe: 3 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2012
Alle vorhandenen Bücher, Fishbase, das Web durchforstet: kein Zweifel, es ist ein ganz junger Napoleon, der erst um 29 cm groß ist.
Das Bild zeigt einen jungen Napoleon, der von einer Pferdemakrele begleitet wird, die Deckung beim anschleichen an kleine Fische sucht, die sich vor dem Napoleon nicht fürchten.
Größe: 40 cm, Tiefe: 3 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2001
Die Insel war in diesem Jahr wegen Rattenbefall geschlossen. Alle Korallen waren abgestorben. Einzig der Napoleon schwam herum.
Größe: ca. 100 cm, Tiefe: 3 m Kuredu, Faddhippolhu-Atoll, 2000
Größe: 90 cm, Tiefe: 3 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2007
So ein halbstarker Napoleon ist neugierig. Was fressen die da?
Kurz vor Sonnenuntergang rücken die Rotzahn-Drückerfische (Ondus niger) näher an das Riff heran. Vor der Nacht schnappen sie noch wie wild nach dem vielen Plankton.
Ist da Licht weg, stecken sie den Kopf in die kleinste Höhle und spreizen den Rückenstachel ab. Es sieht putzig aus wenn überall die sichelförmigen Schwanzflossen herausragen.
So ein Napoleon kann sein Maul ganz schön weit aufreißen. Der Sog, der dabei entsteht, fördert die Nahrung in seinen gewaltigen Körper.
Hier ist ungeheuer viel Plankton im Wasser. Der Napoleon versucht so viel wie möglich davon in sein Maul zubekommen.
Größe: ca. 120 cm, Tiefe: 4 m Medhufushi, Süd-Nilandu-Atoll, 1999
Ist der schon fast ausgewachsene Dicke auf Brautschau? Oder ist es nur Familie da hinten?
Geschlechtsunterschiede sind nicht äußerlich zu erkennen. Die Männchen scheinen aber größer zu sein.
Größe: ca. 130 cm, Tiefe: 4 m Medhufushi, Süd-Nilandu-Atoll, 1999
Größe: ca. 150 cm, Tiefe: 5 m Medhuffushi, Süd-Nilandu-Atoll, 1999
Größe: ca. 180 cm, Tiefe: 4 m Medhufushi, Süd-Nilandu-Atoll, 1999