Die Stellung, die an Land die Insekten einnehmen, haben unter Wasser die Krebse, sowohl in der Vielzahl, als auch in der Aufgabenstellung. Über 30.000 verschiedene Arten sind der Wissenschaft zur Zeit bekannt. Zwei Drittel davon gehören zu den höheren Krebsen, unterteilt in 14 Ordnungen. Von diesen ist eine Ordnung für den Maledivenreisenden besonders interessant: die Decapoden , die Zehnfußkrebse, zu denen die Unterordnungen Garnelen und Panzerkrebse (z.B. Langusten, Einsiedlerkrebse) gehören.
Krebse haben jeden möglichen Lebensraum im Meer erobert. Sie bevölkern den Strand und die Tiefsee genauso wie die tropischen Riffe und die kalten Meere an den Polen. In ungeheueren Mengen dienen sie den Walen und anderen großen Meerestieren als Futter, beseitigen organischen Abfall jeder Art, pflegen Korallen und putzen Fische. Es gibt Planktonjäger unter ihnen und räuberische Großkrebse. Manche haben sich dem Leben an Land so gut angepaßt, dass sie nur noch gelegentlich ins Wasser müssen, um ihre Kiemen feucht zu halten oder um zu laichen. Krebse legen Eier in nicht erfaßbaren Mengen. Man muss sich nur einmal vorstellen: Ein Großteil des Zooplanktons aller Weltmeere besteht aus Krebslarven!
Es gibt sie also doch, die Seeungeheuer: In japanischen Gewässern lebt die Seespinne Macrocheira kempferi. Ihre Beine haben gestreckt eine Spannweite von 3 m, ihr Panzer hat einen Durchmesser von einem halben Meter. Man schnorchelt da so sorglos um den nächsten Korallenblock....
Die meisten höheren Krebse haben einen Brustpanzer (Carpax) entwickelt, der auch die Kiemen überdeckt. Da das aber die Frischwasserzufuhr und somit die Atmung behindert, fächeln sie sich mit sogenannten Scaphognathiten wie mit Flossen ununterbrochen frisches, sauerstoffhaltiges Atemwasser in die Kiemenhöhlen. Krebse haben ein offenes Blutkreislaufsystem. Wie bei Wirbeltieren wird der Sauerstoff im Blut gebunden und transportiert. Angereichertes Blut hat durch den Blutfarbstoff Hämocyanin eine hellblaue Farbe. Das Herz versorgt zwar über zwei Arterien den Kopf und die Schwanzmuskulatur, aber ein wesentlicher Teil des Blutes fließt nicht in Adern, sondern sucht sich seinen Weg zurück zum Herzen in den Zwischenräumen zwischen den Organen.
Eine Verletzung der äußeren Hülle hat zur Folge, dass das Blut nach außen gedrückt wird. Aber der Panzer ist hart und nicht so schnell zu durchdringen. Anders sieht es mit den vielen Beinen aus. Aber da hat die Evolution vorgesorgt: Jedes Bein hat eine Sollbruchstelle. Ist ein Bein verletzt und wird es durch einen Fressfeind festgehalten, wirft der Krebs es durch eine ruckartige Bewegung eines speziellen Muskels ab. Spätestens bei der nächsten Häutung beginnt es wieder nachzuwachsen.
An der Bruchstelle ist eine Scheidewand mit nur einer kleinen Öffnung, die sich schnell wieder schließt. Krebse durchlaufen in ihrer Entwicklung verschiedene Larvalzustände und Metamorphosen. Das Geschlecht ist von Anfang an bestimmt. Oft gibt es zwischen den Geschlechtern große Unterschiede wie Zwergenwuchs bei Männchen oder die riesige Schere bei männlichen Winkerkrabben.
Größe: 3 cm, Tiefe: 1 m Kuramathi, Rasdu-Atoll, 1988
Größe: 3 cm, Tiefe: 1 m Kuramathi, Rasdu-Atoll, 1988
Entenmuschel Lepas anatifera Linnaeus,1758
Da haben sich die Deutschen ja einen schönen Namen ausgedacht. Haben doch die Tiere weder mit Enten noch mit Muscheln etwas zu tun. Es sind Rankenfüßer, festsitzende Krebstiere, die sich auf allen harten Untergründen ansiedeln. Nur gut umströmt müssen diese Plätze (Brandungszonen, Treibgut, Schiffe) sein, damit sie mit den sechs Cirripedien (Thorakopoden) nach Plankton fischen können.
Die Larven sind noch frei beweglich. Finden sie einen geeigneten Untergrund, haften sie sich mit einer Zementdrüse, die sich am Kopf befindet, fest. Dieser Vorderteil des Kopfes bildet einen muskulösen Stil aus. Er kann bis zu 20 cm lang werden, ist essbar und soll, oh Wunder, nach Krebsfleisch schmecken. Nach vier Monaten ist die Entenmuschel bei guten Bedingungen mit einem Wachstum von täglich einem Millimeter ausgewachsen.
Der Hinterkopf trägt die sechs Rankenfüße und den restlichen Körper mit Verdauungstrakt und den Geschlechtsorganen. Ein Herz haben die Entenmuscheln seltsamerweise nicht. Geschützt wird das Ganze mit einem zweischaligen Carapax, einem chitinösen Panzer, wie ihn u. a. die Krebse haben.
Die kuriose Namensgebung stammt aus dem frühen Mittelalter. Da glaubte man, da sie oft an Ästen haftend angetrieben wurden, dass Entenmuscheln von Enten in Bäumen abgelegt würden. Aber die Engländer waren noch besser. Im 12. Jahrhundert sah ein Mönch, wie sich aus den Rankenfüßern Bernikelgänse entwickelten (wahrscheinlich bei Versuchen mit der Herstellung alkoholischer Getränke). So heißt es auf der Insel immer noch "Pelagic goosneck barnacle"
Größe: 3 cm, Tiefe: 1 m Kuramathi, Rasdu-Atoll, 1988
Größe : ca. 45 cm, Tiefe: 1 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2009
Eine Kolumbus-Krabbe und eine Entenmuschel reisten monatelang über die offene See. Beide haben einen konkurrenzlosen Lebensraum erobert. Keine See kann die Krabbe oder die Entenmuschel herunterspülen. Sie krallt sich fest, bzw. ist angewachsen. Sie weidet den schnell wachsenden Aufwuchs ab, während die Entenmuschel nur die Cirren, die Fühler, ausstrecken muss, um ihre Nahrung aus dem Wasser zu filtern.
Hier ist die Reise zu Ende. Die Cocosnuss kann auskeimen, die Entenmuscheln werden nach ein oder zwei Tagen sterben, aber die Krabbe wird sich einen neuen, schwimmenden Lebensraum suchen müssen.
Größe: 2 cm, Tiefe: <1 m Embudu, Süd-Male-Atoll, 2011
Seepocken Tetraclita sp.
Größe: 2 cm, Tiefe: <1 m Kuramathi, Rasdu-Atoll, 1988
Seepocke: Durchmesser: 18 mm,
Höhe:12 mm, Öffnung: 8 mm