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Lustgarten mit den sechs (heute sind es sieben) Rasenflächen, die Schinkel und Lenné einst vorgesehen haben (März 2014)
Kinder und Wasser: Unschlagbar! Lustgarten im Oktober 2004
Aus einer Sandbank entstand einst dieser nördliche Teil der Spreeinsel. Im 13. Jhd. wurde im südlichen Teil zwischen den Spreearmen die Stadt Cölln gegründet.1442 ließ Kurfürst Friedrich II. am Standort des späteren Schlosses eine mittelalterliche Burg. errichten
1471 wird das Gelände das erste Mal erwähnt. Es diente als Garten. 100 Jahre später, Kurfürst Johann Georg forcierte den Schlossausbau, legte der Hofgärtner Corbinianus 1753 hier einen Küchengarten an.
Im Dreißigjährigen Krieg (1618-48) verwilderte der Garten. 1646 ließ der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm den Garten nach Vorbild niederländischer Gärten neu anlegen. Seit 1646 hat er den Namen Lustgarten.
1652 legte der Schlossbaumeister Johann Georg Memhardt seinen ersten Stadtplan zur Gestaltung Berlins (Memhardt-Plan) vor, aber seine Ideen für den Lustgarten wurden nur zum Teil verwirklicht. Immerhin wurde 1649 hier die aus den Niederlanden eingeführten Kartoffeln angepflanzt, die ersten in Preußen.
Der Lustgarten um 1670, oben der Große Kurfürst mit Frau.
Buchtitel von Johann Siegesmund Elsholtz*:
Vom Garten-Baw: Oder Unterricht von der Gärtnerey auff das Clima der Chur-Marck Brandenburg, wie auch der benachbarten Teutschen Länder gerichtet
(3. Auflage 1684, Erstauflage 1666)
Für die Kartoffeln wurde 1652 das Pomeranzenhaus errichtet. Es brannte schon 3 Jahre später ab. Als 1657 Johann Sigismund Elsholtz Gartenbaumeister wurde, baute er den Garten zum ersten botanischen Garten Berlins aus. Der war öffentlich zugänglich und eine Sensation für die Stadt, kannte man doch nur Markt-, Kirch- oder Exerzierplätze.
Als 1713 der Soldatenkönig Friedrich I. König wurde, war es aus mit der friedlichen Nutzung. Die wertvollen Pflanzen kamen in den Schlossgarten Charlottenburg. Der Lustgarten wurde zum sandigen Exerzierplatz. Seine Langen Kerle mussten da schwitzen.
Sein Sohn, König Friedrich II. (der „Alte Fritz“) lies eine Kastanienallee pflanzen.
Friedrich Wilhelm III. brachte Rasen in den Lustgarten dessen betreten strengstens verboten war. Aber vor dem Schloss bleib eine mit Kies belegte Fläche für Paraden und zum Exerzieren erhalten.
Plan Schinkels um 1828: „Plan zur Anordnung des Lustgartens nach den Allerhöchst befohlenen Abaenderungen“ *
Als am 27. Oktober 1806 Napoleon in Berlin einzog, lies er seine Soldaten ausgerechnet auf dem fast schon heiligen Rasen zum Entsetzen der Berliner genau dort kampieren. Und noch heute lacht die ganze Welt über unsere typisch deutschen Schilder „Rasen betreten verboten“!
Ab 1820 renovierte Karl Friedrich Schinkel den barocken Berliner Dom. Am nördlichen Ende baute er 1825-1828 das Neue Museum. Der Lustgarten war jetzt von drei großen Bauten umgeben. Schloss, Dom und Museum.
Von 1826 bis 1829 gestaltete Peter Josef Lenné den Platz nach Schinkels Plan. Er wurde von den Berlinern „Buddel-Peter“ genannt. Schließlich lies er quer durch Berlin breite Straßenzüge und Kanäle errichten, um die Stadt zu entlüften.
1831 kam die Granitschale vor die Freitreppe (s. unten). Zwischen 1894 und 1905 wurde der alte Dom abgerissen und von Julius Carl Raschdorff durch den heutigen Dom ersetzt.
Von nun an diente der Platz immer öfter politischen Kundgebungen und Aufmärschen. In der Weimarer Republik gab es einige große Demonstrationen:
31. August 1921 gegen rechtsradikalen Terror (500.000 Berliner).
25. Juli 1921 gegen die Ermordung Walter Rathenau (250.000 Berliner).
10. Juli 1922 Demo „Nie wieder Krieg“ (250.000 Berliner).
10. Juli 1922 Demo „Nie wieder Krieg“ (250.000 Berliner).*
27. Februar 1933 gegen den gerade ernannten Reichskanzler Adolf Hitler (200.000 Berliner).
Die Nationalsozialisten gestalteten den Lustgarten zu den Olympischen Spielen 1936 endgültig zum Aufmarschplatz um. Die Granitschale störte vor der Freitreppe und wurde in das Kastanienwäldchen nördlich des Domes versetzt. Ebenso das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms III.
* Die historischen Bilder sind gemeinfrei aus Wikipedia, d. h. sie sind älter als 70 Jahre.
Entzünden des Olympischen Feuers am 1. August 1936.
20.000 Hitlerjungen und 40.000 SA-Leute wurden zum Abschluß des Olympischen Fackellaufes am 1. August 1936 aufgeboten.
Bild: Bundesfilmarchiv B 145, Bild-P017038
1.Mai 1963, Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz, Horst E. Schulze
Ehemaliges Außenministerium der DDR (1967).
(Bild: Bundesarchiv Bild 183-F0831-0301-012)
In zwei Schalen brannte hier das Feuer, eine stand vor dem Schloss, die andere vor der Freitreppe. Sie brannten wärend der gesamten Spiele. Unter Hitler wurde der Lauf mit der Olypischen Flamme zum ersten mal praktiziert.
Lange hielt der Spuk nicht an, jedenfalls keine 1000 Jahre. Dann bombardierten die Alliierten Berlins Mitte. Schloss und Altes Museum brannten aus.
Es sollte unter Walter Ulbricht dem Lustgarten noch schlechter ergehen. Noch 1945 wurde hier wieder demonstriert.1950 lies er das Schloss sprengen. Der Platz war ihm zu klein. Das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms III. wurde eingeschmolzen. Aber das Pflaster des III. Reiches blieb. Der Weihnachtsmark auf dem Platz blieb in Erinnerung. Da gab es richtige Holzfahrgeschäfte mit echten Karussellbremsern und Schiffsschaukeln mit Überschlag. Die wurden mit Holzbohlen unter dem Kiel gebremst. Es gab sogar rote, kandierte Äpfel am Stiel.
1951 dann die große Frechheit: Der Lustgarten wurde in „Marx-Engels-Platz“ umbenannt, was vielen Berliner nicht über die Lippen ging. Auch der nahe S-Bahnhof Börse erhielt den gleichen Namen (heute Hackischer Markt).
Trotzdem war das eine grausige Zeit wenn man zum Teil genau hier aufgewachsen ist und in West-Berlin zur Schule ging und wohnte. Das stinkende, graue Ost-Berlin mit den dämlichen roten Spruchbändern überall: “ Rote Rübe hat das Soll zu 700 % übererfüllt…“. Die Zweitakter-Abgase, der Braunkohlengeruch der Ofenheizungen. Na, der real-existierende Sozialismus hat auch nicht lange gehalten. Ein Glück.
Ab 1973 wurde der „Palast der Republik“, Erichs Lampenladen, gebaut. Auch das Außenministerium - alles wieder weg.
Nach der Wende ist alles anders. Der Masterplan sieht round about 1,5 Milliarden Euro vor (ohne das Schloss), aber was heißt das schon in Berlin. Für immer verloren geglaubtes wie das Neue Museum, ist wunderbar restauriert. Die Musemsinsel ist längst UNESCO Welterbe (seit 1999) und sie zieht im Jahr fast 3 Millionen Besucher an.
Es gab heiße Diskussionen bis der Lustgarten so wieder ist wie er war. 2 Wettebewerbe wurden ausgeschrieben und verworfen. Die Berliner waren dagegen. Beide Sieger wollten das Pflaster der Nazis erhalten. Kurioserweise stand es sogar unter Denkmalschutz. Schließlich wurde der Lustgarten 1998-99 für 3,5 Millionen nach historischen Vorbild wieder hergestellt.
Das ist halt der Nachteil wenn am Wochenende mehr als eine Million Touristen in der Stadt sind. Dann sieht es am Sonntagmorgen schon mal so aus. Wenn man auch so kleine Müllbehälter aufstellt, darf man sich nicht wundern. Da helfen schon mal die Nebelkrähen bei der Verteilung. Und keine Angst, die Handreiniger der BSR waren schon unterwegs.