Afghanistan


Es war eines der schönsten Länder der Welt

Afghanistan
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Stand: 28.08.21, 14:00 Uhr


Im August 2021



Hintergründe zur Machtübernahme der Taliban 

Eigene Erfahrungen: Afghanistan: 1970-72, 1978, 1985/86 (als West-Berliner!), Iran: 1977-1979, Bangladesh: 1986/87, Pakistan, Indien.
Alle hier geäußerten Eindrücke beruhen auf persönliche Erfahrungen und Einschätzungen. Man möge sich nicht wundern, dass hier weit ausgeholt werden wird, um das Geschehen in der gesamten Region darstellen zu können und zu verstehen. 

Seit dem 2. Weltkrieg haben die Amerikaner keinen Krieg mehr gewonnen. Von Korea, die Schweinebucht, Vietnam und in dieser Region hier mit Iran, Irak, Syrien und eben Afghanistan. Überall haben sie nur Trümmer hinterlassen, egal unter welchem Präsidenten.

Afghanistan im Inneren


Ethnien 


In den vielen Gruppen und Stämmen Afghanistans (Bevölkerung 2019 geschätzt: 38 Millionen) liegt das eigentliche Problem. Die drei größten Gruppen sind die 

Paschtunen 


Sie stellen ca. 40% der Bevölkerung und betrachten sich als die eigentlichen „Afghanen“. Sie sprechen Paschtu (seit 1936 Amtssprache. Wird aber nur von ca. 30% der Bevölkerung gesprochen), sind Sunniten. Schon immer standen sie mit ihren Gewehren hinter den Königen, verhinderten den Einmarsch der Engländer 1935 am Khyberpass und somit den Bau der Eisenbahn von England bis Bangladesh.

Was uns Westlern Angst macht: Paschtunen halten ihre Frauen quasi gefangen. Sie dürfen das Haus nie alleine verlassen, auch nicht verschleiert. Dafür droht Auspeitschen (bei Ehebruch senkrecht Einbuddeln bis zum Hals und alle werfen Steine auf den Kopf). Die Sharia eben. 

Paschtuninnen habe grüne Augen und blonde Haare. Aber das Schlimme ist, sie müssen absolut ohne jede Bildung leben. 

Eine in Deutschland lebende Paschtunin hat mich mal am Telefon eine Stunde lang runtergeputzt. Warum auf diesen Seiten nur dunkelhaarige Menschen abgebildet seien. Auch sie hätte blonde Haare und grüne Augen. Sie sei Studentin, der Vater Arzt (oder Professor?). Sie gab aber zu, dass ihre Schwestern im Land absolut dumm seien.
Deswegen gibt es fast nur das weltberühmte Bild von 1980 aus einem Flüchtlingslager in Peshawar des amerikanischen Fotografen Steve McCurry für die National Geographic.
Und vor diesem Schicksal hat jede Frau, jedes Mädchen in Afghanistan Todesangst, wenn die Paschtunen jetzt die Macht übernehmen.

Die Paschtunen garantieren die Rechte der Frauen - aber im Sinne der Scharia, der Rechtsprechung nach dem Koran - und zwar in seiner strengsten Auslegung.

Tadschiken


Tadschiken sind ebenfalls sunnitischen Glaubens. Sie sprechen farsi dari, ein alt-persischer Dialekt Darius I.  Sie werden auch „Perser des Ostens“ genannt. Sie sind mit 27 % die zweitgrößte Gruppe. 

Tadschiken leben meistens in den Städten. Ihre Sprache wird in der Wirtschaft und Verwaltung genutzt und von fast allen im Land verstanden, die Franca lingua zwischen den angebliche 46 verschiedenen Dialekten.

Während der Oktoberrevolution Lenins 1917 zogen viele Tadschiken aus den Turkländern wie Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan südwärts nach Afghanistan. 

Sie hatten im Gegensatz zu den Paschtunen Schulbildung und besetzten im Nu alle wichtigen Stellen im Handel und in der Verwaltung. Und hier beginnt eines der größten Probleme:

Die Paschtunen betrachten die Tadschiken als die eigentlichen Besetzer Afghanistans.

Hazaras


Sie sprechen ebenfalls farsi dari, sind aber Schiiten wie die Iraner. Hazar heißt auf farsi Tausend. Sie sollen mit den Tausendschaften des Mongolen Dschingis Khan um 1200 hierhergekommen sein. 

Die Hazaras stellen wie die Usbeken 9 % der Bevölkerung.

Afghanistan und die Nachbarstaaten

Quelle: Wikipedia 
GNU-Lizenz für freie Dokumentation

Terror

Mudschaheddin


Der Begriff kam während der sowjetischen Besatzung von 1979 bis 1989 auf. Die wörtliche Übersetzung ins Deutsche ist „ jemand der den Dschihad betreibt“. Dschihad bezeichnet im Koran „jemand kämpft auf dem Wege Gottes“. Das oft zu lesende „Gotteskrieger“ ist falsch. Dschihadisten bezeichnen sich eher als Islamische Widerstandskämpfer.

Diese wurden vor allem mit vielen Milliarden von den USA, Saudi Arabien und Pakistan unterstützt. Das Unfassbare sind die Lehrbücher der CIA, die den afghanischen Schülern den Kampf gegen die Besatzer beibringen sollten. Die selben Bücher wurden später auch gegen die Amis von den Taliban genutzt.

Aber erst einmal bekämpften sich die Mudschahedin nach dem Abzug der Sowjets 1989 in einem brutalen Bürgerkrieg selber.

Taliban


Taliban leitet sich von paschtunischen Wort „talib“ ab und bedeutet Schüler. Aber was die für „Lehrer“ haben!

Der Islam unterhält zwei große islamische theoloische Hochschulen. Die die Taliban beeinflußt ist in Deoband, einer Kleinstadt in Uttar Pradesh, Indien. Die Größte ist in Kairo und taucht oft in den Medien auf: die al-Azhar-Universität.

Wenn man sich anschaut, was die radikalen Islamisten dort verbreiten, wird einem schlecht.

Sie sind gegen:

Trennung von Staat und Religion
Menschenrechte
Pluralismus
Volkssouveränität
Religionsfreiheit
Meinungsfreiheit
Gleichstellung der Geschlechter
verachten aller westlichen Werte
sind antisemitisch

Die Radikalen wollen das mit Gewalt durchsetzen. Das droht Afghanistan jetzt. Die Taliban kann man also mit Fug und Recht eine deobandische-islamische Terrorgruppe nennen.

Die ersten Schulen für die Taliban entstanden nahe den Flüchtlingslagern in Peshawar unweit der Grenze zu Afghanistan am Khyberpass. 1994 traten die ersten in Kandahar auf, beschossen zwei Jahre Kabul und nahmen die Hauptstadt 1996 ein. 

Das „Islamische Emirat Afghanistan“ konnte sich bis Oktober 2001 halten. Die Amerikaner und Briten vertrieben sie nach 9/11.

Seit 2003 führten die Taliban von Pakistan aus einen regelrechten Krieg, meist gegen die Zivilbevölkerung. Jetzt sind sie zurück, unangefochten, im ganzen Land. Jeder der Pluderhosenträger hat ein Smartphone in der Hand, latscht nicht mehr barfuß durch die Wüste, fährt mit Motorrad oder geklautem Pickup. 

Von Anfang an unterstützte der pakistanische Geheimdienst JSTOR die Taliban stark. Er ist von Paschtunen und Taliban unterwandert. Jahrelang führte er die Amerikaner an der Nase herum (s. „Bärenfalle“) und sahnte deren Gelder ab.

Moderne Waffen haben sie jetzt zur Genüge. Sie werden ungestört weiter Opium anbauen und über nicht zu kontrollierende Grenzen bringen, um die westliche Welt damit zu destabilisieren und Geld für den Staatshaushalt zu haben. Denn um Handelsgüter zu produzieren, reicht ihr Koranwissen und deren idiotische Auslegung nicht aus.

Bisher haben sich ihre Warlords oft gegenseitig umgebracht. Vielleicht ist das ja die Hoffnung für das einst so schöne Land. Man schätzt, dass etwa 80 % der Taliban Analphabeten sind: schöne Aussichten! für die Rückkehr ins düstere Mittelalter
Religionen haben mehr 
Übles als Gutes für 
die Menschheit gebracht

Al-Kaida

Al-Quaida oder al-Kaida? Egal, sie wollen die Weltherrschaft des Islamismus und da ist die Transkription aus dem Arabischen sowieso egal.

Al-Kaida ist ein loses Terrornetzwerk von sunnitisch-islamistischen Gruppen, die weltweit seit 1993 Anschläge ausführt. Sie operieren aus Stammesgebieten heraus, in denen Staaten keine Macht haben. So auch in Afghanistan 2001, als Osama bin Laden, der Gründer und Anführer der Al-Kaida, von hier aus den Anschlag auf das World-Trade-Center ausführen ließ.
Da hinten, im Sulaimangebirge, an der Grenze zu Pakistan, vermuteten die Amerikaner in Höhlensystemen Osama bin Laden: in Bora Tora. Die US-Army setzte hier die stärkste nichtatomare Fliegerbombe der Welt ein: BLU-82B. 

Das war im Dez. 2001. Getötet wurde Osama bin Laden aber erst 10 Jahre später in Pakistan, als er schon keine Bedeutung mehr hatte und nur noch ein lächerlicher, alter Mann war, der Pornos schaute. Aber Rache ist süß.

Islamischer Staat (IS)

Selbst Al-Kaida waren die Verbrechen des IS zuviel. Der IS entstand um 2003 im Irak, rief dort und in Teilen Syriens von 2014 bis 2017 ein Kalifat aus. Sie kämpften gegen jeden: gegen Assad, gegen die Freie Syrischen Armee, gegen die Kurden. Andere waren wohl gerade nicht da.

Verbrecherische salafistische Milizen sind die Typen, die die Sprengstoffanschläge verüben, egal wo, Hauptsache es sterben viele Menschen. Sie sprengen Jahrtausend alte Kulturdenkmäler in die Luft.

Die UN und wir stufen die IS als terroristische Vereinigung ein. Die Saudis nennen sie „Feinde Nr 1 des Islam“. Einige Saudis jedenfalls. Man kann sie ja vielleicht noch mal brauchen.

Aber wir sind ja soooo demokratisch. In Berlin durften die Salafisten eine Moschee betreiben. Zumindest so lange, bis einer einen LKW klaute, in den Weihnachtsmarkt fuhr, viele tötete, ausstieg und mit der S-Bahn davon fuhr. Alles im Namen Allahs.

Pasdaran


Spielen direkt keine Rolle in Afghanistan. Sie nennen sich im Iran „Wächter der Islamischen Revolution“, werden „Revolutionsgarden“ genannt. Sie wurden im Mai 1979 von Chomeinin aufgestellt und haben sich zu einer Macht im Staat entwickelt. Sie besetzen alle wichtigen Stellen in der Wirtschaft, im Heer, der Marine und der Luftwaffe (s. u.).

Afghanistan - äußere Einflüsse


So ein Binnenland, obendrein wenn es voller wertvoller Rohstoffe ist wie Afghanistan, kann ohne gute Beziehungen zu seinen Nachbarn nicht leben. Es wird  schon immer stark von dem politischen Geschehen in der Region beeinflußt. Und das schon seit dem 12. Jhdt,
12. Jhdt
Es muss damals schon lange ein reiches Land gewesen sein. Vielleicht gab es in Baktrien 3000 v. Chr, schon eine Universität in Balch, der „Mutter aller Städte“.

Hier fiel Dschingis Khan mit seinen Tausendschaften (Hazaras) ein und zerstörte alles. 

Wenn man in den 70ern durch beinahe alle 29 Provinzen kam, und sah, wie die Paschtunen lebten, konnte man den Eindruck bekommen, das Land habe sich davon nie mehr erholt. Kunst, Kultur, Poesie, Architektur - nichts, was einem Europäer ins Auge sprang.
um 1960
Afghanistan öffnet sich dem Westen.

Die Sowjetunion (SU) baut zwei Straßen von Nord nach Süd. Die Straßen sind auf 60 t ausgelegt, was die Afghanen in dieser Zeit nun wirklich nicht brauchten. Das strategische Kalkül dahinter: Zugang zu einem warmen Meer. Das ist aber noch 2000 km weiter weg. Die SU bildete das Militär aus.

Damit die Straßen überhaupt Sinn machten, bauten die USA die Verbindung von West nach Ost. In leichterer Bauweise. Bau von Bewässerungssystemen am Helmand, bevor der Fluss in der Wüste versickert und anderes.

Die Deutschen errichteten entlang dieser Verkehrswege eine Telegrafenlinie, 1100 km lang. Telekommunikation, alle 50 Meter ein Mast - Technologie der damaligen Zeit. Ausbildung der Polizei, Landwirtschaftsprojekte im Süden, ein Wasserkraftwerk, was nie richtig lief, Schulen usw.
1960-1972
Entwicklungshilfe

Nicht nur Deutschland hat riesige Summen an Entwicklungshilfe geleistet. Um 1970 waren an die 1.000 Entwicklungshelfer in der Landwirtschaft tätig. Birgit Breuel hat mal ein Resümee darüber geschrieben. Außer den Infrastrukturprojekten (Straßen, Telefon) ist nichts geblieben. 

Ein Beispiel ist in Erinnerung geblieben. Wenn ein Dorf einen Brunnen bekam, und die Helfer weg waren, hat der oberste Mullah das Wasser an die Dorfbewohner verkauft.
1971
Krieg zwischen Indien und Pakistan

Es war der 3. Krieg zwischen beiden Ländern und mit 13 Tagen (3. - 16. Dez.) einer der kürzeste in der Weltgeschichte.

Schuld haben eigentlich die Engländer. Als sie 1947 Indien verließen, drängte die muslimische Bevölkerung nach Westpakistan und nach Ostpakistan. Aber das ebenfalls muslimische Kashmir blieb bei Indien - ein ewiger Konfliktfall.

Die Grenzen waren willkürlich gezogen. So bekam Afghanistan eine 76 km lange Grenze zu China. Es ist der seltsame Wachankorridor, 300 km lang, oft nur 17 km breit, aber bis auf fast 5.000 m hoch. Der Streifen liegt zwischen den Bergen des Pamir, des Hindukusch und des Karakorum. In Norden ist Tadschikistan, im Süden Pakistan. Es gibt keine Straße Richtung Osten nach China und wohl auch keinen Übergang,

Pakistan sollte keine Grenze zur damaligen Sowjetunion haben. In Ostpakistan tobte seit 25. März 1971 ein Krieg um die Unabhängigkeit Bangladeshs. Als Indien in den 13 Tagekrieg eingriff, verlor Pakistan den unnatürlichen Ostteil und Bangladesh wurde selbständig.

Da Indien mit der Sowjetunion zusammenarbeitete, unterstützten die USA den Staat Pakistan. Die Muslime sind Sunniten wie die Landbevölkerung in Afghanistan, die Paschtunen. 

Hinzu kommen noch 5,6 Millionen Belutschen. Sie leben im westlichen und südlichen Teil Pakistans an der Südgrenze Afghanistans und im Iran. Es gibt hier nirgendwo klare Abgrenzungen und jetzt mit den Taliban wird es immer ein Unruheherd bleiben.
1973
Der erste Putsch - Anfang vom Ende

Daoud Khan, ein Vetter des Zahir Shahs putscht sich am 17. Juli 1973 an die Macht. Zahir Shah, König von Afghanistan, ist auf Urlaub in Europa, als seine Regierung durch einen Militärputsch mit Hilfe PDPA (Afghanische Kommunistische Partei), gestürzt wird. 

Von den 2 beteiligten russischen Panzern fällt einer in den Kabulfluss. Daoud Khan ruft die Republik aus und sich zum Präsident. Dafür wird er 1978, als er den Russen nicht mehr so richtig passt, auch - folgerichtig - ermordet. Bis 1989 setzen nun die Sowjets nach Belieben Präsidenten ein und bringen sie bei Bedarf um.
Februar 1979
Iran

Dass der Schah von Persien Reza Pahlewi am 12. Februar 1979 das Land verlassen musste, war ein großer Fehler vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Jimmy Carter, former peanut farmer.

Der Schah ließ Studentenunruhen bekämpfen, Carter forderte Pressefreiheit. Chomeini kam ins Land und Pressefreiheit gibt es bis heute immer nach 40 Jahren noch nicht. Wie die Amis sich da blamierten. 

Später wollten sie die 444 Gefangenen in ihrer Botschaft befreien, aber die Hubschrauber verschlucken sich am Wüstensand.

Die Revolution hatte Parallelen und Auswirkungen auf Afghanistan. Wir im Land hofften auf die 16.000 Mann starke Palastgarde. Ausgebildete Elitesoldaten in den USA. Und was geschah? Genau dasselbe wie 40 Jahre später mit der afghanischen Armee. Als es drauf ankam, nahmen alle auf einmal Urlaub!

Nahm die Sowjetunion an, sie können nun so ein bisschen unbemerkt in Afghanistan einmarschieren?
Dezember 1979
Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan

Am 27. Dezember 1979 warf ein Sowjet eine Handgranate in den Kabelkeller der Hauptvermittlungsstelle Kabuls. Kein Telefon ging mehr. Es begannen 10 Jahre Besetzung, in denen sich die Sowjets eine verdammt blutige Nase holten und so ziemlich alles verloren. Sogar ihren Kommunismus und den Namen Sowjetunion.

Von den 120.000 Soldaten starben 13.310 und 35.479 wurden verletzt. 311 werden vermisst. Noch viel schlimmer ist die Rauschgiftsucht, die die Heimkehrer obendrein mit nach Hause gebracht haben.

Hat die Sowjets die abgelenkte Weltöffentlichkeit durch die Revolution im Iran dazu getrieben, ihre Panzerstraßen Richtung Süden endlich zu nutzen? Dachten sie, sie hätten durch den Einsatz kommunistenfreundlicher Regierungschefs leichtes Spiel im Land gegen die Mullahs?

Aber genau die wurden nun durch die USA, Teile der Nato und den meisten Islamischen Ländern unterstützt. Da die Amerikaner keine Ahnung vom Land hatten, vertrauten sie sich dem pakistanischen Geheimdienst ISI an. Der bekam alles Geld, alle Waffen und sollte es an die richtigen Warlords und Mudschaheddin weiterleiten.

Der ISI dürfte sich die Hände gerieben haben. Er ist von Anfang an von extremistischen Islamisten unterwandert und hat nicht nur das Ende der Sowjets eingeleitet, sondern auch den Sieg der Taliban ermöglicht. Und wie so im Orient üblich, dürften so einige Milliönchen in falsche Taschen geflossen sein.

In dem Buch „Die Bärenfalle“ (hat mal 20 DM gekostet, jetzt 101 €) schildert ein Offizier der ISI einem britischen Geheimdienstler detailliert, was da hanebüchend abgelaufen ist.

1989
Abzug der Sowjetunion

Das Ende der Besatzung wurde durch die Stingerraketen eingeläutet. Die hatten die Amis über die Pakistanis den Mudschaheddin gegeben. Damit konnten sie die russischen Flugzeuge vom Himmel holen. Einfach zu bedienende Raketen: Fire and forget!

Um den Rückzug der Sowjets einigermaßen geordnet vor der Weltöffentlichkeit erscheinen zu lassen, veranstaltete irgendein Geheimdienst das größte Feuerwerk, das Pakistan je erlebt hat: Der gesamte Munitionsvorrat für den Krieg in Afghanistan flog auf einmal in die Luft. Im April 1988, in Ojhir bei Rawalpindi. Tagelang explodierten 10.000 Tonnen Munition, 30.000 Raketen, Millionen Patronen, Tausende Granatwerfergeschosse, Stingerraketen.
2001
9/11 - Klar, Vergeltung muss sein. Aber hätte man nicht vielleicht etwas länger überlegen sollen? Weiß Amerika, dass kein einziger Afghane an dem Anschlag beteiligt war?
2003
Irakkrieg oder der dritte Golfkrieg

Es war wohl eine der dämlichsten Entscheidungen des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Georg W. Busch.

Die Begründung: Der Irak würde mit Massenvernichtungswaffen die USA angreifen wollen. Die haben bis heute nur die USA selber: Big Mac!

Saddam Hussein wurde gestürzt. Das Ansehen der USA in aller Welt auch. Der Krieg dauerte vom 20. März bis 1. Mai 2003. Was haben wir den Amis zu verdanken? Der Nahe Osten ist noch immer destabilisiert.
2011
Syrienkrieg oder The never ending story

Wer findet sich hier noch zurecht? Hier kämpft jeder gegen jeden. Sämtliche islamische Terrorgruppen mal gegeneinander, mal miteinander, Kurden, Türken, Russen, Iraner, Saudis, Amis - Präsident Baschar a-Assad ist immer noch im Amt. Es geht vielleicht auch gar nicht mehr um ihn, es geht um die Vormachtstellung in der Region. Die haben die USA im Irak empfindlich gestört.

Und der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, hat sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Erinnert man sich an die Rote Linie? Die sei überschritten, wenn C-Waffen eingesetzt würden. Wurden sie. Was geschah? Nichts.

Im Juni 2014 beantragte Obama 500 Mio. US$ im Kongress - und bekam sie. „Gemäßigte Rebellen“ (?) sollten in Saudi Arabien ausgebildet werden, 5.400 Mann. Nur 60 Mann blieben übrig und von denen kämpfte nicht mal die Hälfte wirklich.

Die CIA hat bestimmt noch mal so viel Geld verteilt. Ja, US$ versickern wie Wasser im Wüstensand. Das Vertrauen in die Vereinigten Staaten auch.
2001-2021
Afghanistan bye bye

Ist es verwunderlich, dass nach 20 Jahren Einsatz der USA, Deutschlands und all der Verbündeten in Afghanistan nichts übrig blieb? Nur die Schmach des Hubschraubers über der US-Botschaft auf dem Weg zum Flughafen wie 1975 in Vietnam?

Der glorreichste aller Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump leitete den Rückzug in den Verhandlungen in Doha 2020 ein. Er glaubte den Versprechungen der Mullahs! Unvorstellbar, war der nie im Nahen Osten? Und ohne die US-Army konnten die anderen Länder sich nicht in Afghanistan halten.

Sein Nachfolger Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Joe Biden, war auch froh, dass das Faß ohne Boden wegkommt. 2.400 Tote Soldaten. Aber was war das? Heute 2.500 Mann abziehen und binnen 24 Stunden 3.000 Soldaten einfliegen? Und das, wo der Militärflughafen Bagram schon in Feindeshand war?

Alle westlichen Geheimdienste, haben die versagt? Hat man nur auf die 5 Millionen Stadtbewohner in Kabul geschaut? Nicht mitbekommen, dass die 70-oder 80% der Landbevölkerung nichts gegen die Taliban haben? Hat der pakistanische Geheimdienst, ohne den der Sieg der Taliban überhaupt erst möglich geworden ist, Falschmeldungen gestreut?

Irgendwann wird es ein Buch geben wie die „Bärenfalle“, das präzise das Ende der sowjetischen Besatzung beschrieb, nur dieses Mal über das Desaster, was wir gerade erleben.
15. August 2021
Die Taliban spazieren ungehindert in Kabul ein.

Präsident Aschraf Ghani ist getürmt. Sonst wäre es ihm ergangen wie denen hier

Wer könnten die neuen Herrscher sein? Wer gewinnt die Oberhand? Die gemäßigten Islamisten, die gefürchteten Radikalen? Sicher ist, wenn es um Posten und Korruption der neuen Regierung geht, hauen die sich bald die Köpfe ein. War bei der ersten Talibanherrschaft von 1996 bis 2001 auch so.

Man schätzt die Taliban auf ungefähr 60.000 Mann. Da gibt es unzählige „Kommandeure“. In Quetta scheint man sich in einer „Shuar“ auf eine Art Exilregierung geeinigt zu haben.

Haibatullah Achundsada führt als Nachfolger von Mansur (von amerikanischer Drohne getötet) die Taliban seit 2016. Er ist Paschtune aus Kandahar und scheint auch jetzt der starke Mann zu sein. Er ist ein Hardliner und hat wohl die unsinnige Sprengung der Buddha-Statuen von Bamiyan angeordnet.

Achundsada ist verbündet mit dem Ägypter Alman as Sawahiri. Und der ist der Anführer von Al-Kaida. Da dürfte Al-Kaida jetzt ein neues, von außen nicht mehr angreifbares Rückzugsgebiet haben.
Siradschuddin Haqqani ist der stellvertretende Anführer der Taliban. Wer weiß, wo der afghanische Warlord sich aufhält, kann sich beim Diplomatic Security Service des US-Außenministeriums immer noch 10 Millionen US$ Kopfgeld abholen. Ob das noch gilt, wenn er demnächst an der Spitze eines Staates steht? Irgendwie sind das tolle Aussichten für einen Neuanfang.
Mullah Mohammed Yaqoob, Sohn von Mullah Omar, dem Oberhaupt des ersten Islamischen Staats (gestorben 2013 an Tuberkulose in Karachi), könnte zur Führungsriege gehören.

Der Paschtune ist verantwortlich für die Militäraktionen der Taliban. Er ist der zweite Stellvertreter von Achundsada. 

Wird natürlich weiter beobachtet!

Die westliche Welt verspielt hier ihr Ansehen

The winner is:
Wer türmt aus Kabul? Die westlichen Botschaften holen ihre Leute raus. Wer bleibt? Russland, China, Pakistan, Indien usw. Sie erhoffen sich das große Geschäft.

Die neuen Herrscher brauchen Geld. Opium reicht nicht. Was anders kommt aus dem Land nicht heraus. Aber es ist voller Bodenschätze. Mangels Verkehrswegen konnten die nicht abgebaut werden.

Rund 60% des Haushaltes wurden durch Hilfszahlungen gedeckt; die dürften ausbleiben. China wird denen so viel Geld geben wie die Taliban haben wollen - und Afghanistan gehört den Chinesen für immer. Die Preise für Seltene Erden, Erze, Gas, usw. werden so niedrig sein, dass die Taliban die Schulden nie begleichen können.

Wer blamiert sich am gründlichsten?

Die Deutschen. Wo ist denn der Außenminister? Könnte der nicht in Kabul gerade mit den Taliban verhandeln? Und Frau Krampf-Käsebauer? Das mit den 7 Passagieren kann ja in dem Durcheinander auf dem Flughafen passieren. Aber die Lacher sind nicht auf ihrer Seite. Pech, dass zur gleichen Zeit die Amerikaner mit der C17 640 Leute auf dem Boden sitzend rausgeholt haben. Und dann haben wir ja noch unsere Schlapphüte.

Der nächste Flug von uns hatte dann 125 an Bord. Der 126. ging nicht mehr rein. Bestimmt ist irgendeine Brandschutzverordnung oder so der Grund gewesen. Wir ersticken an Bürokratie. Man, haben wir Vertrauen in der Welt verspielt!

Vielleicht aber auch die Islamisten. 1,7 Milliarden Muslime gibt es. 80 % könnten Analphabeten sein. Viele von den verschiedenen Glaubensrichtungen lehnen Fortschritt ab. Und die wollen jetzt einen Staat führen? Sie produzieren nichts, ernten nur: Opium, Erze - das wird nicht gut gehen!
Airbus A400M 
Der Airbus A400M ist wahrlich kein Urlaubsflieger

Kommentare

Hey Dieter!
In diesem Fall sind sie wohl etwa um den St. Nikolaustag hier bei uns! Na dann gute Nacht. Du schreibst ja wie ein Kriegsreporter nach alter Schule. Ich denke dabei an Scholl Latour oder unseren Peter Gisling. Und ich stelle fest: nicht überall wo du warst ist es gut ausgegangen! 
Beat H, Schweiz, 25.08.21
Hallo Dieter!
Hab's gelesen. Sehr aufschlussreich. Du kannst das wirklich super interessant erzählen. Ich nehme an, das Buch dazu ist schon in Arbeit.... (hiermit vorbestellt).
Arnd H., 24.08.21
Dieter, 
super zusammengefasst. Vieles wusste ich nicht, jetzt ist mir manches klarer geworden. Bis auf ein paar Rechtschreibfehler wirklich gut.
Wolfgang P., 23.08.21
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